Werbemarkt: "Eine Rezession der neuen Dimension"
Bittere Wahrheit vom ZAW: Der deutsche Werbemarkt schrumpfte 2009 um sechs Prozent, die Netto-Werbeeinnahmen der Medien waren sogar um fast zehn Prozent rückläufig. Sogar Online schwächelt.
Der gesamte deutsche Werbemarkt schrumpfte im vergangenen Jahr um sechs Prozent auf ein Volumen von nur noch 28,8 Milliarden Euro. Die Netto-Werbeeinnahmen der Medien waren sogar um fast zehn Prozent rückläufig. Nachhaltig verbessern dürfte sich die Lage erst wieder im kommenden Jahr. Das gab der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) am Dienstag bekannt.
Als eine „Werberezession der neuen Dimension“ beschreibt ZAW-Präsident Michael Kern den historisch einmaligen Einbruch der Branche im Krisenjahr 2009 – daran änderte auch das 60-jährige Jubiläum des ZAW und der gesamten Bundesrepublik nichts. Der Gesamtwerbemarkt inklusive Honoraren, Gehältern, Aufwand für Werbemittelproduktion sowie Verbreitungskosten nimmt nun nach einem Rückgang um sechs Prozent noch ein Volumen von 28,84 Mrd. Euro ein und liegt wieder auf dem Niveau von 2003. Bei den darin enthaltenen Nettowerbeeinnahmen der Medien beträgt der Rückgang sogar fast zehn Prozent, summiert beträgt das Volumen noch 18,4 Milliarden Euro. Den Werbeträgern fehlten damit Ende 2009 im Vergleich zum Vorjahr rund zwei Milliarden Euro in den Kassen – sie bewegen sich wieder auf dem Umsatzniveau von 1995.
Den größten absoluten Rückgang hatten 2009 die gut 350 deutschen Tageszeitungen. Ihre Anzeigenerlöse verringerten sich um 0,68 Milliarden Euro oder 16 Prozent. Dem traditionell wichtigsten Werbeträger (nach Umsatz) droht bei einer Fortsetzung der Entwicklung, dass er seine Stellung an das Fernsehen verliert. Tageszeitungen nahmen im Vorjahr netto insgesamt 3,69 Milliarden Euro aus Werbung ein, das Fernsehen 3,64 Milliarden. Rechnet man den Tageszeitungen Wochen- und Sonntagszeitungen sowie Zeitungssupplements hinzu, können die Verleger das Fernsehen aber zumindest bei den Werbeeinnahmen auf Abstand halten. Bei den TV-Vermarktern betrug der Rückgang zudem ebenfalls ein Zehntel.
Zu den weiteren besonders stark betroffenen Werbeträgern zählen Publikums- und Fachzeitschriften mit Einbrüchen von jeweils 17 Prozent, daneben auf geringerem Umsatzniveau Wochen- und Sonntagszeitungen mit minus 22 Prozent. Rückgänge in der Größenordnung fünf bis zehn Prozent erlebten Werbung per Post (minus sechs Prozent), Außenwerbung (- 8), Hörfunk (–6), Zeitungssupplements (–6) und Kinowerbung (–7 Prozent). Geradezu klein fielen dagegen die Verluste der Anzeigenblätter (–2) und der Verzeichnismedien (–3) aus.
Die einzige Werbeträgergattung, die 2009 Werbeeinnahmen hinzu gewinnen konnte, waren Online-Medien. Ihre Erlöse wuchsen aber nur um gut ein Prozent. Nach den oft zweistelligen Zuwachsraten in der Vergangenheit zeigt sich laut ZAW, dass auch die Anbieter in dieser Mediengruppe den Werbeabschwung spürten. ZAW-Präsident Michael Kern gibt sich dennoch überzeugt, dass Online-Werbung mit ihren längst nicht ausgereizten Möglichkeiten im Zuge der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Ein Ende der Krise könnte bald bevorstehen – das zeigt die Frühjahrsumfrage des ZAW unter den 40 Mitgliedsverbänden, darunter Organisationen werbungtreibender Unternehmen sowie aus dem Medien- und Agenturbereich. Sahen vor einem Jahr noch 63 Prozent von ihnen ihre Branche auf Talfahrt, sind es jetzt nur vier Prozent. Stagnierende Verhältnisse melden für die kommenden sechs Monate 63 Prozent gegenüber 27 Prozent im Vorjahr. Optimistisch schätzt heute ein Drittel der Organisationen die Konjunktur ein (2009: zehn Prozent). Stimmungsaufschwung zeigt sich auch bei der Prognose der Investitionen in Werbung: Wachsende Werbeausgaben sagen 27 Prozent der ZAW-Verbände voraus (Vorjahr: 14 Prozent), 67 Prozent rechnen mit Stabilität, und lediglich sechs Prozent sehen eine Fortsetzung der Werberezession (Vorjahr: 43 Prozent).
Bei seiner von vielen bislang offenen wirtschaftlichen Fragen begleiteten Prognose für das laufende Werbejahr bleibt der ZAW vorsichtig. Die Wachstumsrate dürfte 2010 im Bereich zwischen minus 2,5 Prozent und plus einem Prozent liegen, so die Einschätzung – also leicht unter oder über der Stagnationsgrenze. Das wäre zwar keine nachhaltige Belebung, aber immerhin ein Aufwärtstrend. Für 2011 rechnet der ZAW mit „deutlich positiveren Akzenten“ im Werbemarkt – ein Wachstum der Netto-Werbeeinnahmen der Medien von zwei bis 3,5 Prozent sei möglich.