
Döpfners erste Bilanz zur Abhöraktion gegen Wallraff
Weil "Bild" Köln in den 70er Jahren Telefonate des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff abhörte, kündigte der Springer-Konzern Aufklärung an. Nun kommt Vorstandschef Döpfner zu einem ernüchternden Ergebnis.
In der Aufklärung der von "Bild“ abgehörten Telefonate des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff ist der Axel-Springer-Konzern zu einem ersten Ergebnis gekommen. "Es ist bemerkenswert, dass wir bislang im ganzen Haus nichts Verwertbares gefunden haben“, sagt Vorstandschef Mathias Döpfner der Nachrichtenagentur "dpa". Bei einer hausinternen Untersuchung seien bislang zwar keinerlei aufklärende Unterlagen über die Abhöraktion aufgetaucht, so Döpfner. Doch dies sei "enttäuschend und legt den Verdacht nahe, dass es von Verlagsseite etwas zu verheimlichen gab“.
1976 wurden nach Angaben Springers in den Redaktionsräumen der "Bild“ Köln Telefonate von Günter Wallraff unter anderem mit dem Liedermacher Wolf Biermann abgehört. Bis heute sind die genauen Umstände und auch die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) nicht vollständig geklärt. Ein Gerichtsverfahren wurde 1981 eingestellt. "Wir distanzieren uns aus Sicht des heutigen Managements und der Chefredaktion nachdrücklich von den damaligen Vorgängen“, betont Döpfner gegenüber der "dpa". Wer die Abhöraktion veranlasst hat, konnte bisher nicht geklärt werden.
Döpfner hat kürzlich eine Untersuchung angekündigt. "Wir wollten aufklären, auf wessen Betreiben Wallraff abgehört wurde oder ob es eine Kooperation zwischen dem BND und der Kölner ‚Bild‘-Redaktion gab und - wenn ja - wie diese zustande kam.“ Auch Gespräche mit früheren Mitarbeitern hätten jedoch keine Aufschlüsse gebracht."„Die Tatsache - das kann ich nur selbstkritisch sagen - wirft kein gutes Licht auf die damalige Zeit. Denn wenn es nichts zu verstecken gäbe, müssten Unterlagen zu finden sein, die helfen, die damaligen Geschehnisse nachzuvollziehen. Ich kann nicht ausschließen, dass sie eventuell absichtlich vernichtet wurden“, bilanziert der Vorstandschef. Derzeit laufe noch eine Klage von Springer gegen den BND auf Akteneinsicht. Es sei möglich und zu hoffen, dass dort noch Unterlagen auftauchten, so Döpfner. Außerdem habe der heutige "Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann inzwischen auch direkten Kontakt mit Wallraff aufgenommen. Beide Seiten hätten ein berechtigtes Interesse, die Vorgänge aufzuklären.
Döpfner fordert allerdings auch gleichzeitig Wallraff auf, genau so transparent mit seiner Vergangenheit umzugehen: "Wir würden uns wünschen, wenn Günter Wallraff mit ähnlicher Bereitschaft zur Selbstkritik die Vorwürfe seiner Kontakte zur DDR-Staatssicherheit aufklären würde. Es ist wichtig, auch das aufzuarbeiten, weil die Wahrnehmung von Springer in der Öffentlichkeit nicht davon zu trennen ist.“
Wallraff wurde unter anderem mit seinem Buch "Der Aufmacher“ bekannt. Darin veröffentlichte er die Erfahrungen, die er gemacht hatte, als er 1977 einige Monate unter falschem Namen bei "Bild“ in Hannover gearbeitet hatte. Er warf der Zeitung unter anderem unsaubere Recherchemethoden vor. Der Konzern zog gegen Wallraff vor Gericht, unterlag allerdings am Ende in letzter Instanz.