
Blattkritik: Wie sexy ist die erste "FHM" nach dem Verlagswechsel?
Kann das klappen? Nach Einstellung und Wiederbelebung des Männertitels "FHM" zum Jahreswechsel warten Fans und Kritiker gespannt, was das Heft unter neuer Führung zu bieten hat. W&V-Online-Autorin Susanne Herrmann guckt rein.
Es geht weiter, fast, als sei nichts geschehen Das Männermagazin "FHM", Ende 2010 von Mitte Editionen aufgegeben, Anfang Januar 2011 von Alltype Media übernommen, erscheint am 17. Februar mit der ersten Ausgabe unter neuer Leitung. W&V Online hat sich das Heft angeschaut.
Der erste flüchtige Blick offenbart: nichts. Aufbau und Layout sind praktisch identisch mit den Heften, die Mitte Editionen in Berlin produziert hat. Minimale Veränderungen bei Schriftarten, nicht so massiv, dass sie dem Stammleser gleich ins Auge fallen.
Im Gegensatz zum Editorial: Früher hat (klar) Chefredakteur Christian Kallenberg dem Vorwort ein Gesicht gegeben. Nicht möglich in der vorliegenden Ausgabe: Die nämlich hat noch keinen Chefredakteur - jetzt ist die Suche abgeschlossen - und vorübergehend hat Herausgeber Markus Boden selbst die Position ausgefüllt. So bekommt der Leser einige Zeilen, die einigermaßen verzweifelt wirken. Kurzfassung: Hurra, "FHM" lebt, nur Sekretärin habe der Chef noch keine, weil sich die Redaktion Models wünscht, gearbeitet habe man trotzdem. Wie der neue Mann Tobias Pützer das lösen wird, werden wir wohl frühestens in der Mai- oder Juni-Ausgabe sehen.
Der nächste Hammer dürfte langjährige treue "FHM"-Fans aber weit härter treffen: Die Leserbriefe sind weg. Und zwar nicht, wie Optimisten vielleicht annehmen, einfach nur aus dem vorderen Heftteil verschwunden und ans undankbare Ende gewandert. Nein, weg. In der alten "FHM"-Welt, wo der Sage nach alle Leserbriefe echt waren und - Tatsache - Lobesbriefe entweder nicht gedruckt oder verhöhnt wurden, war das die Verbeugung der Redaktion vor dem Leser: "Für euch machen wir das Heft; was ihr wollt, zählt." Auf die Verkaufszahlen hat sich diese löbliche Haltung zwar nicht mehr spürbar positiv ausgewirkt, trotzdem geht damit ein schönes Stück Lesernähe, die ein USP der Marke war, flöten. Immerhin 148.000 Leser (IVW IV/2010 gegenüber 166.000 IV/2009) gilt es zu halten.
Das zweite unverwechselbare Merkmal von "FHM": herrliche schräge, sinnlose Bildunterschriften. Die sind noch da. Aber sehr, sehr selten geworden. Noch seltener als 2010.
Abgesehen davon ist "FHM" noch immer "FHM". Die wenigsten Leser werden den Traumfrau-Strecken und Gesundheitstipps, Kolumnen und Autogeschichten anmerken, dass sich etwas geändert hat. Nicht einmal unbedingt, wenn sie das Impressum studieren. Wo sie eine Ursache für "Fast alles beim Alten" finden werden. Trotz neuer Führung und noch kleinerer Stammbesetzung stehen hier noch einige vertraute Namen. Was für das März-Heft schon in Berlin vorbereitet worden war, hat Alltype wohl übernehmen dürfen. Weiterer Stabilitätsfaktor: Wie stets in den zehn Jahren "FHM" Deutschland hat die Redaktion Zugriff auf Material der internationalen Ausgaben, wo sowohl teuere Mädchen-Strecken als auch spannende Reportagen produziert werden.
Große Frage: Ist diese Stabilität das große Plus oder das große Minus in der Rechnung, die der erfahrene Männerblattmacher Markus Boden mit seiner Drei-Mann-Truppe aufmacht? Die treuen Leser behalten und zugleich den Abwärtstrend stoppen heißt die herkulische Aufgabe, die die Redaktion bewältigen muss. Da ist sie nicht die einzige Magazinredaktion in Deutschland. Aber eine der kleineren. Kallenberg und Mitte Editionen sind an dieser Aufgabe gescheitert. Auch Boden schon, zuletzt mit Sinon Media und "Penthouse". Was nicht heißen muss, dass "FHM" zum Scheitern verurteilt ist.
Wie es aber wirklich weitergeht mit dem einst kessesten Männertitel auf dem klein gewordenen deutschen Markt, das lässt sich wohl erst abschätzen, wenn "FHM" aus dem Schatten der Vorgängerredaktion tritt und Chefredakteur Pützer gemeinsam mit Herausgeber Boden am neuen Profil arbeitet.