Aufruhr beim Hamburger Abendblatt
Beim Hamburger Abendblatt fällt der Stellenbau größer aus als bislang bekannt. Danach sollen 32 Redakteure ihren Job verlieren. Der radikale Umbau erzürnt zudem die Redaktion. Von purem Entsetzen ist die Rede. Denn Chefredakteur Claus Strunz soll sich bei der Verkündigung der Maßnahmen im Ton und Stil vergriffen haben.
Chefredakteur Claus Strunz will das „Hamburger Abendblatt“ radikal umbauen. Im Hamburger Axel Springer Haus soll ein multimedialer Newsroom entstehen, in dem alle Redakteure Print und Online bedienen sollen. Seine Richtung ist klar: Er formt das „Abendblatt 3.0“.
Doch die Neuausrichtung sorgt in der Redaktion der zur Axel Springer AG (Bild, Welt) gehörenden Regionalzeitung für Aufruhr. In einer Mitteillung des Betriebsrats, die Werben & Verkaufen vorliegt, sollen nun offenbar deutlich mehr Stellen als bislang bekannt dem Rotstift zum Opfer fallen. Danach sollen jetzt 32 Redakteure ihre Jobs verlieren. Bislang war die Rede von 26 Mitarbeitern in der Zentralredaktion. Denn weitere sechs Redakteure sollen nun aus den Regionalausgaben in Ahrensburg, Harburg und Pinneberg dazu kommen.
Doch nicht nur der Stellenabbau erzürnt die Gemüter in der Redaktion. Auch der Stil und Ton, in dem der ehemalige Chefredakteur der Bild am Sonntag die Einschnitte am Montag dieser Woche vorgenommen hat, entsetzt die Belegschaft. So wurden die betroffenen Redakteure kurzerhand freigestellt, ohne jede Vorwarnung. Auch der Ton, in dem Strunz zuvor die Mitarbeiter über den Personalabbau informiert hat, sorgt laut Betriebsrat für „pures Entsetzen“. Nach Angaben der Arbeitsnehmervertreter soll sich Strunz hierbei „verharmlosend der Fußballersprache“ bedient haben. In der Betriebsinfo wird deshalb der Chefredakteur des Hamburger Abendblatts wie folgt wiedergegeben. „Strunz: Der Trainer der Mannschaft sei er, und als Trainer sei er verantwortlich für die Aufstellung seines Kaders, was wiederum heiße, dass nur diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig beim multimedialen Zukunftsprojekt 3.0 mitspielen dürften, die er für geeignet halte.“
Die Redaktion des Hamburger Abendblatts ist geschockt. In einer Stellungnahme, die Werben & Verkaufen ebenfalls vorliegt, verurteilt sie das Vorgehen des Chefredakteurs aufs Schärfste. „In der vergangenen Woche ist eine beispiellose Freisetzungswelle über die Redaktion des Hamburger Abendblatts hinweggerollt. Das hat viele schockiert und ein Gefühl der Ohnmacht erzeugt.“ Das derzeitige Vorgehen von Strunz sei nicht mit dem Markenzeichen des Tageszeitung vereinbar, dass „menschlicher Journalismus mit Niveau“ heiße. Mitarbeiter der Redaktion glauben deshalb, dass es Strunz schwer haben wird, die geplante Neuausrichtung der Redaktion umzusetzen. „Der Chefredakteur hat in der Redaktion an Boden verloren. Die Mannschaft ist dermaßen paralysiert“, meint ein Redaktionsmitglied.
Damit hat bei Axel Springer der Umbau der Redaktionen offenbar an Schärfe zugenommen. Denn vor einigen Jahren hatte das Berliner Printhaus durch die Zusammenlegung der Welt-Gruppe sowie der Berliner Morgenpost überflüssigen Redakteuren noch eine Zukunftschance geboten. Sie wurden Teil einer Service- und Entwicklungsredaktion, um neue Verlagsobjekte ins Leben zu rufen. Claus Strunz will die Informationen nicht kommentieren.