Neue Domains: Was für Marken jetzt wichtig ist
Aus Marken-Sicht: Was bedeuten die bald neu zugelassenen Domain-Namen für die deutschen Unternehmen? Marius Würzner, Geschäftsführer des Domain-Händlers Sedo erläutert, ob eine eigene Top-Level-Domain gut für das Branding ist und welche Bietergefechte auf uns zukommen werden.
Aus Marken-Sicht: Was bedeuten die bald neu zugelassenen Domain-Namen für die deutschen Unternehmen? Marius Würzner, Geschäftsführer des Domain-Händlers Sedo erläutert, ob eine eigene Top-Level-Domain gut für das Branding ist und welche Bietergefechte auf uns zukommen werden.
W&V: Was bedeutet die Entscheidung der ICANN für die deutschen Unternehmen? Rechnen Sie damit, dass die deutschen Unternehmen verstärkt ihren Markennamen als Toplevel-Domain beantragen werden?
Marius Würzner: Zuallererst bietet sich für Unternehmen eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Marke nicht nur als Domainname, sondern als Top Level Domain (TLD) zu besitzen. Aus Marketingsicht stärkt das zunächst das Branding einer Marke. Es gibt sicherlich Unternehmen, die diese Top Level Domain gut einsetzen könnten, z.B. Plattformen wie ebay, die eine breite Produktpalette besitzen und dann Kombinationen wie autos.ebay, immobilien.ebay oder reisen.ebay erstellen können. Allerdings muss man einschränkend hinzufügen, dass die Kosten zur Anmeldung einer eigenen TLD immens sind, so dass dieser Schritt vermutlich nur von einigen wenigen sehr großen Unternehmen vorgenommen werden wird.
Interessant dürfte vor allem zu beobachten sein, wie es sich in Fällen entwickeln wird, in denen die Firmennamen zugleich generischer Natur sind – wie z.B. bei „Apple“. Da liegt mit Sicherheit eine schwierig zu beurteilende Situation vor, wenn zwischen dem Anspruch einer weltbekannten Marke „Apple“ und dem grundsätzlich generischem Charakter des Wortes „Apple“, auf den kein Anspruch per se besteht, entschieden werden muss.
Grundsätzlich steht die Diskussion über Brand TLDs momentan noch am Anfang, da die ICANN den Weg für die neuen TLDs aufgrund mangelnder Top-Adressen zwar anbietet, Unternehmen sich aber bis dato kaum dazu äußern, wie relevant diese für sie selbst sind. Man wird abwarten müssen wie sich das in Zukunft entwickeln wird.
Wie teuer ist das dann für ein Unternehmen? Was muss das Unternehmen genau tun?
Nach dem neu beschlossenen Verfahren können sich ab dem 12. Januar 2012 bis 12. April 2012 Unternehmen bei der ICANN um die Zuteilung neuer TLDs bewerben. Im ersten Schritt müssen Unternehmen für die Bewerbung pro TLD 185.000 US-Dollar zahlen. Man sollte damit rechnen, dass noch weitere Kosten dazukommen, wenn der Bewerbungsprozess seinen Lauf nimmt.
Wie wichtig ist es für ein Top-Unternehmen, Besitzer der eigenen Domain zu sein?
Das muss jedes Unternehmen für sich entscheiden. Aus meiner Perspektive ist es für ein Unternehmen primär weiterhin wichtig, ein Basis-Portfolio zu besitzen mit den wichtigsten Schlagwörtern und Marken jeweils in Kombination mit den jeweiligen etablierten Top Level Domains wie z. B. .de, .com. Das sind die wichtigsten Motoren, die dafür sorgen, dass Traffic (=Besucher) auf die eigene Website gelangen. Die Notwendigkeit einer eigenen Top Level Domain lässt sich begründen, wenn das Unternehmen die TLD in die Marketingstrategie integriert, konsequent bewirbt, so dass sich auch User daran gewöhnen und das Unternehmen weiterhin und zusätzlich Traffic erhält. Auf Unternehmen kommt so viel Arbeit zu, da die Strategie entsprechend angepasst werden muss. Auch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Folgekosten mit einzukalkulieren sind, da die neue Brand TLD langfristig in die Marketingstrategie eingebunden und entsprechend promotet werden muss.
Leidet das Image eines Unternehmens künftig, wenn es nur eine "minderwertige" .de-Adresse oder .com-Adresse hat?
Das ist definitiv nicht der Fall. Wer die .de und .com-Variante seiner Marke besitzt, ist bestens gerüstet. Diese Endungen sind für den User bekannt und vertrauenswürdig. Zusätzlich sollte man Domainnamen besitzen, die das Produkt oder die Dienstleistung beschreiben, wie z.B. Nestlé mit babynahrung.de oder Maggi mit rezepte.de. Diese Strategien werden auch weiterhin Bestand haben .
Wie beurteilen Sie den Domain-Kampf aus Ihrer bisherigen Praxis: Wird es um generische TLD wie .health oder .reise richtiggehende Bietergefechte geben?
Frei wählbare generische Top Level Domains werden sicherlich viele Interessenten finden. Unsere bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass insbesondere englischsprachige Begriffe die eine hohe Internetaffinität aufweisen, die meisten Interessenten finden. Sobald es hier mehrere Interessenten gibt, die diese TLDs beantragen und anbieten möchten, wird es sicher entsprechend steigende Preise geben. Das wird letzten Endes von den kommerziellen Aussichten der beantragten TLD abhängen und vor allem davon, wie die ICANN plant in Fällen mit verschiedenen Bietern für eine TLD umzugehen.
Wie teuer kann eine umkämpfte TLD denn dann nach Ihrer Einschätzung werden?
Preise sind hier extrem schwer abzuschätzen. Aber wo die kommerziellen Aussichten gut sind, dürften sich auch die Preise entsprechend nach oben entwickeln.
Wie schätzen Sie die Entscheidung für Ihr eigenes Geschäft ein: Rechnen Sie mit mehr Umsatz?
Ja, davon gehe ich aus. Jede neue Top Level Domain, die dem Sekundärmarkt (Kauf und Verkauf von Domains) zugänglich gemacht wird, gibt der Branche neuen Aufschwung, so auch in der Vergangenheit geschehen bei .eu, .mobi und .co. Es wird etwas Zeit brauchen, die neuen TLDs auch im Markt so bekannt zu machen und zu verankern, dass dies auch auf Kunden- und Nutzerseite im täglichen Surfverhalten seinen Niederschlag findet.
Und grundsätzlich wird es auch hier so sein, dass begehrte Namen gehandelt werden, und zwar unabhängig von der TLD; ganz einfach weil Angebot und Nachfrage das von ganz alleine regeln werden. Und genau dafür wird Sedo mit seinem etablierten Marktplatz die ideale Plattform bieten, den seit Jahren etablierten Handel mit Domains auch auf Domains der neuen TLDs zu erweitern.