Davos: Wie die Globalisierung die Medienbranche verändert
Von Bodo Hombach bis Michael Kleindl: Was Top-Manager der Branche von der Globalisierung der Medienwirtschaft erwarten.
Die Globalisierung macht vor Internet und Medien nicht Halt. Diese Tatsache ist auch auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos bis kommenden Sonntag ein Thema. Vor allem das Internet-Business ist davon betroffen: Zwei Drittel aller Erlöse des deutschen Online-Medien-Markts fließen heute bereits in ausländische, insbesondere US-amerikanische Unternehmen, ab. Google greift in Deutschland die Hälfte der Werbeumsätze im Internet ab, Dienstleister wie Brightcove und Akamai rollen den deutschen Markt auf, Facebook schickt sich an, die Communities zu dominieren, Hollywoodstudios denken über Online-Plattformen nach und die deutschen User surfen mehr denn je auf ausländischen Seiten. Eine solch dominante Rolle ausländischer Playder kannte der klassische Medienmarkt bislang nicht.
W&V Online hat Top-Manager aus der Medienbranche gefragt, wie sie die Globalisierung der Medien einschätzen:
Bodo Hombach, WAZ-Geschäftsführer:
"Wir müssen kreativer und innovationsfreudiger werden und den Erfolg der neuen Konkurrenten als permanenten Ansporn begreifen. Vor allem aber müssen wir Geschäftsmodelle nicht nur lokal, regional oder national ausrichten, sondern selbst die Chancen der weltweiten Vernetzung nutzen.“
Arndt Groth, Europa-Chef des Online-Werbe-Networks Adconion und Präsident Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW):
„Neben den Umsätzen, die US-Firmen in Deutschland erzielen, sehen wir einen Trend zu immer mehr zentral gesteuerten Kampagnen. Budgets werden also nicht mehr zwingend in den Ländern verwaltet, sondern von den internationalen Agentur-Units aus London oder Paris gebucht. Hiervon profitieren globale Player wie die Adconion Media Group, da unsere Global Sales Teams vor Ort präsent sind. Globale Player wie wir sind aus mehreren Gründen im Vorteil: Deutlich breitere KnowHow-Basis durch die Insights aus anderen Märkten wie Australien, Asien, Nordamerika und Europa, Größeneffekte, da mehr Umsätze global erzielt werden, Firmen wie Adconion verfügen über eigene Technikplattformen und können so schneller auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren.“
Joel Berger, Geschäftsführer von MySpace Deutschland
Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer „Public Affairs“ von Axel Springer
"Globalisierung ist eine Freiheitsbewegung, sie reißt Grenzen nieder. Schon deswegen begrüßen wir sie. Internet im Zeichen der Globalisierung heißt, dass jede Idee überall auf der Welt sofort Wirkung entfalten kann. Das löst den intensivsten Wettbewerb der Wirtschaftsgeschichte aus. In diesem Umfeld bestehen nur die Besten, was volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Dennoch muss es faire Rahmenbedingungen geben. Wenn alle deutschen Verlage im Internet zusammen nur etwa 160 Millionen Euro Netzumsatz erlösen, während Google circa zwei Milliarden Euro schafft, dann muss man fragen, ob die Rahmenbedingungen zu einer fairen Verteilung der Wertschöpfung führen. Globalisierung darf geistiges Eigentum nicht zerstören. Kreativität muss sich weiter lohnen können, sonst verschwinden Tausende von Arbeitsplätzen der Kreativen."
Alexander von Reibnitz, VDZ, Geschäftsführer New Media
Rich Riley, Yahoo-Europachef
„Das World Wide Web, das ja nicht umsonst so heißt, ist seit jeher international und grenzenlos und bringt die Menschen jeden Tag ein Stückchen näher zusammen. Gesunder Wettbewerb lautet hier das Stichwort. Die Menschen nutzen die Services und Produkte, die ihren individuellen Vorstellungen, ihren Bedürfnissen und Nutzergewohnheiten am besten entsprechen und lassen sich dabei nicht von Ländergrenzen einschränken und nicht auf einer Seite festhalten. Wir bei Yahoo! sehen es als unsere wichtigste Aufgabe, die Bedürfnisse der Nutzer zu bedienen, denen es wichtig ist, die Welt und ihre persönliche Welt – gerade auch online – miteinander zu verknüpfen. Der Wettbewerb um die Gunst der Nutzer findet heute nicht zuletzt dank der technologischen Strukturen im globalen Raum statt und das ist auch gut so. Wir punkten hier weltweit mit den Themen Offenheit, Personalsierung und Relevanz für den User. Unsere seit Dezember für alle deutschen Nutzer verfügbare neue Startseite verdeutlicht diese Strategie sehr gut: Neben der Integration internationaler Partner wie Facebook, MySpace, eBay, AOL Mail oder Google Mail ist es ebenso möglich, die Seiten von nationalen Medienmarken einzubinden und damit direkt von der Yahoo! Startseite auch auf Angebote wie brigitte.de, cinema.de, gala.de, heise.de, kicker online, sueddeutsche.de und Welt Online oder jede andere beliebige Webseite zuzugreifen. Hier profitieren alle Beteiligten, auch insbesondere die deutschen Partner, durch mehr Nutzer-Traffic auf ihren Seiten, der gewinnbringend monetarisiert werden kann.“
Jean-Pierre Fumagalli, CEO des Videovermarkters Smartclip
Marc Schröder, Geschäftsführer RTL interactive
"Das World Wide Web ist - wie der Name schon sagt - eine globale Errungenschaft. Auf keinem anderen Markt gibt es so wenig Hemmnisse und Eintrittsbarrieren. Weiterhin begünstigen die Netzwerkeffekte im Web solche Anbieter, die schnell kritische Masse gewinnen können. Es kommt zum bekannten 'winner takes it all'-Effekt so wie bei eBay oder Skype. Auf der anderen Seite setzt das Web nicht alle Regeln traditioneller Märkte außer Kraft. So bieten beispielsweise lokale Kleinanzeigenmärkte eine echte Alternative zu den globalen Spielern, weil die Kenntnis der lokalen Gegebenheiten und die lokale Relevanz hier entscheidend sind. Ähnlich ist es im Online-Medien-Markt - und hier meine ich tatsächlich Medien und nicht Suche oder Kommunikation in sozialen Netzwerken. Der Online-Medien-Markt ist und bleibt in weiten Teilen ein regionaler und nationaler Markt. Die Anbieter schaffen nationale Themen, wie 'Deutschland sucht den Superstar' bei RTL und RTL.de, die Werbekunden verkaufen nationale Produkte und Kampagnen, die sie in diesen Umfeldern platzieren. Die Kenntnis der lokalen, regionalen und landesspezifischen Gegebenheiten und die Produktion von relevanten Inhalten sind und bleiben für die Medien auch online echte Erfolgsfaktoren."
Sven Dörrenbächer, Media-Verantwortlicher von Mercedes
Sascha Jansen, Managing Director der Online-Mediaagentur OMG 4CE GmbH
"Für viele Entwicklungen im Media Business war das Internet quasi die 'evolutionäre Speerspitze der letzten Jahre', so auch für die Globalisierung. Ob AdServing, Social media, Viral Marketing, Mobile Applications, Targetingtechnologie, etc. Auf der Suche nach den besten Lösungen muß der Blick zwangsläufig über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. Das 'innovation managment' wird dadurch deutlich komplexer und diffiziler."
Michael Kleindl, Internet-Investor (Valkiria Network hat Anteile u.a. an Wunderloop, Zanox Hispania) und Chairman der European Interactive Advertising Association (EIAA).