Edward de Bono: "Brainstormings sind überholt"
Top-Werber und ihre Teams suchen Tag für Tag nach der zündenden Idee. Die Konzepte für den kreativen Output sind höchst unterschiedlich. Im Interview mit W&V spricht der britische Kreativpapst Edward de Bono über künstlerischen Ausdruck, Neues Denken und fehlende Risikobereitschaft.
Top-Werber und ihre Teams suchen Tag für Tag nach der zündenden Idee. Die Konzepte für den kreativen Output sind höchst unterschiedlich - und teils überholt. Der britische Kreativpapst Edward de Bono redet im Interview mit W&V über künstlerischen Ausdruck, Neues Denken und fehlende Risikobereitschaft.
W&V Dr. de Bono, wie definieren Sie Kreativität?
de Bono Der Begriff in seiner gängigen Bedeutung flößt allzu viel Respekt ein, weil man ihn oft nur mit künstlerischem Ausdruck verbindet. Das ist zu kurz gedacht, weil es lediglich eine Spielart berücksichtigt, nämlich: Ideen in die Sprache der Kunst zu übersetzen. Die zweite Form der Kreativität, die mindestens ebenso bedeutsam ist, nenne ich Idea Creativity, eine Art des Denkens, die Altbekanntes aufbricht, neue Blickwinkel erschließt. Das kann jeder erlernen – wenn auch nicht unbedingt jeder mit demselben Erfolg.
W&V Welche Rolle spielen dabei Kreativitätstechniken wie das „Laterale Denken“ oder die „Six Thinking Hats“?
de Bono Das Besondere an den Methoden ist, dass sie erstmals Ideenfindung danach ausrichten, wie das Gehirn arbeitet. Der Nutzen erweist sich in der praktischen Erprobung. In Südafrika habe ich einen Stahlkonzern beraten, der mithilfe dieser Techniken binnen Kurzem 20.000 Ideen aus der Belegschaft einsammelte.
W&V Reicht dafür nicht ein konzernweites Brainstorming?
de Bono Brainstormings sind überholt. Sie erlauben den Austausch von Ansichten, fördern aber keine einzige neue Idee zutage.
W&V Welche Faktoren beeinträchtigen das von Ihnen propagierte New Thinking?
de Bono Vor allem der fehlende Wille, Risiken einzugehen. Neue Wege zu beschreiten, beinhaltet Unwägbarkeiten, die man in Kauf nehmen muss. Darüber hinaus ist in vielen Unternehmen nach wie vor keine Struktur vorhanden, die Offenheit für Ideen kultiviert.
W&V Dazu gehört was?
de Bono Ein Chief Idea Officer etwa, bei dem die Fäden für Ungedachtes zusammenlaufen. Aber auch eine Kultur, die Ideen genauso ernst nimmt wie Umsatzzahlen.