Der Fall Maredo und die "hässliche Fratze des Social Web"
Das umstrittene Werbemotiv von Scholz & Friends für Maredo sorgt in der Branche weiter für Wirbel. W&V Online hat Top-Werber dazu befragt, darunter Alexander Schill, Detmar Karpinski, Stefan Zschaler und Stephan Vogel. Der Ogilvy-Kreativchef hat Social Media als Teil des Problems ausgemacht.
Nach der Distanzierung der Steakhouse-Kette Maredo von einem Wettbewerbsbeitrag, den die Agentur Scholz & Friends im Jahr 2009 beim ADC eingereicht hatte (und dafür prompt einen silbernen Nagel gewann), gehen die Meinungen der Werber zu dem Fall weit auseinander.
In den Augen von Serviceplan-Kreativchef Alexander Schill handelt es sich in diesem Fall nicht um eine sogenannte Goldidee, sondern um einen Fake: "Kein Agenturkunde und keine Freigabe. Und wahrscheinlich noch nicht mal eine Schaltung. Das ist traurig", meint der Werber, der im vergangenen Jahr Präsident der Direct-Jury beim Cannes-Festival war.
KNSK-Chef Detmar Karpinski sieht das Ganze ein wenig nüchterner. "Manchmal geht es gut. Und machmal eben nicht", sagt der erfahrene Werber. Er weiß, wie das Geschäft in den Agenturen läuft. Von jeder Kampagnenserie existieren auch Motive, die vom Kunden nicht freigegeben worden sind - und die manchmal trotzdem auf Award-Shows gezeigt werden "um die Spannkraft der Kampagne zu erhöhen", wie der Kreativchef einer großen Networkagentur gegenüber W&V Online einräumt.
Im Social-Web-Zeitalter stellt dies die Agenturen zunehmend vor ein ernsthaftes Problem. Früher verschwanden nicht freigegebene Motive einfach in der Mappe. Doch an die Stelle der Mappen sind für Kreative mittlerweile Facebook, Pinterest und Internet-Blogs getreten. Und schwupp - schon tauchen die nicht zur Veröffentlichung vorgesehenen Motive in den Sphären des Web 2.0 auf. "Agenturmitarbeiter sind sich offenbar nicht bewusst, welchen Schaden sie damit anrichten können", sagt Leagas-Delaney-Chef Stefan Zschaler.
"Was mich an dem gesamten Vorgang erschüttert, ist die hässliche Fratze, die das Social Web immer öfter zeigt", klagt Stephan Vogel, der Kreativchef von Ogilvy & Mather. Zunehmend würde hier mit Steinen nach Personen und Unternehmen geworfen. "Nowitzki und die Wurstscheibe waren ein trauriger Höhepunkt", so Vogel.