5 Fragen an Peter Böhling:
Zurück im Medienzirkus: Bulos Leben mit der Trauer
Peter "Bulo" Böhling verarbeitete die Trauer über den Tod seines besten Freundes in dem Buch "Udo ist weg". W&V-Online-Redakteurin Petra Schwegler hat den "Clap"-Macher mit Fragen zum Umgang mit dem Tod in der Glamour-Gesellschaft konfrontiert.
"Die Branche trauert um ...": Das musste W&V in den vergangenen Monaten leider oft melden. Großartige Kollegen wie der erst 42-jährige Christof Wadlinger sind ebenso von uns gegangen wie prominente Medienpersönlichkeiten. Genannt sei hier der "FAZ"-Mit-Herausgeber Frank Schirrmacher, der im Juni überraschend im Alter von 54 Jahren gestorben ist. Erst vergangenen Freitag erschütterte der Freitod des ehemaligen MDR-Intendanten Udo Reiter die Branche, am Dienstag dann der plötzliche Herztod des Verlegers Stefan Lübbe im Alter von 57 Jahren. Schockiert bleiben wir zurück. Doch nehmen wir uns in der schnelllebigen Medienbranche wirklich die Zeit zu trauern? Lernen wir aus dem oft verfrühten Tod von Wegbegleitern?
Fragen, die sich aktuell Peter "Bulo" Böhling stellen musste. Der Herausgeber des Münchner People-Magazins "Clap" hat im August seinen besten Freund verloren. Verarbeitet hat der frühere Medienredakteur der W&V seine Trauer mit dem Zeichenstift - und in einem neuen Buch. In "Udo ist weg" will er das Erlebte verarbeiten und das Thema Tod in einer illustrierten Geschichte auch für Kinder aufbereiten. Herausgekommen ist ein ganz spezieller Nachruf. W&V Online hat Bulo mit fünf Fragen zum Umgang mit dem Tod in der Glamour-Gesellschaft konfrontiert.
Bulo, vor knapp sieben Wochen hast du vollkommen überraschend deinen besten Freund Udo verloren und seither deinen Job bei "Clap" ruhen lassen. Hat dir die Auszeit erlaubt, richtig zu trauern?
Zu trauern, zu reden, zuzuhören, zu verzeihen, zu kuscheln, nachzudenken, zu weinen, zu lachen, zu zweifeln, zu glauben, zu fluchen, zu beten, zu trösten, zu lieben, zu hoffen – zu all dem, was wir alle viel zu selten bewusst und intensiv machen. Obwohl uns allen genau diese Tiefe gut täte in unserem potemkinschen Supi-Dupi-Glitzi-Bussi-Multimedia-Dorf. Außerdem habe ich versucht, in dieser Zeit das Erlebte mit einem kleinen Buch zu verarbeiten und versöhnlich aufzubereiten.
Das Buch soll vor allem deinen beiden Kindern helfen, den Tod besser zu verstehen. Müssen in der modernen Gesellschaft nicht auch die Erwachsenen lernen, wieder mit dem Sterben umzugehen?
Gerade die! Wir sind es doch, die davon ausgehen, dass alles immer so weitergeht und dann total blöd aus der Designerwäsche gucken, wenn irgendwann irgendwo Kollege Sensenmann vor der Tür steht. Kinder sind da – wie so oft – viel offener für das Thema. Allerdings brauchen sie altersgerechte Hilfestellung, wie sie es einordnen können. Das Buch soll einen ganz unaufgeregten Ansatz bieten, wie man mit Verlust umgehen kann. Im Idealfall haben nach den Illustrationen vor allem die Eltern eine Träne verdrückt und die Kleinen nicht mehr ganz so viel Angst vor dem "weg sein" eines Menschen.
Du kommst in wenigen Tagen zurück in diese "Wie-geht’s?"-Gesellschaft. Was nimmst du dir vor?
Auf diese Frage immer öfter mit "Beschissen!" zu antworten, wenn mir gerade danach sein sollte. Ich habe in den vergangenen Wochen festgestellt, dass einen das oft viel näher an seinen Gesprächspartner bringt als das obligatorische, meist geheuchelte "Gut!". In so einer Situation zeigt sich, wer wirklich an dir interessiert ist. Und du stellst fest, wie viele Menschen gern mal ihre schlecht sitzende Happy-Maske abnehmen würden.
Solche Schicksalsschläge schärfen den Blick für Dinge, die man im hektischen Alltag verdrängt oder nicht wissen will – gerade in der schnelllebigen Medienbranche, in der du dich bewegst. Was siehst du jetzt anders?
Anders eigentlich nicht viel. Aber ich werde sicher mit noch mehr Freude und noch kompromissloser dafür werben, nicht den Blick für das einzig Wichtige im Leben zu verlieren: seine Mitmenschen. Es ist nicht hinzunehmen, mit welcher Maßlosigkeit, Dummheit und Arroganz manche Entscheider über das Wohl anderer verfügen. Und wofür? Um immer noch mehr Materielles anzuhäufen in einem Leben, das jederzeit vorbei sein kann und aus dem du ohnehin nichts mitnehmen kannst. Grotesk!
Es gibt durchaus Medienmacher, die nach solchen Tragödien ernüchtert aus ihrem Beruf aussteigen und wirklich "entschleunigen". Ist das für dich auch denkbar?
Ich glaube nicht, dass man aussteigen muss, um zu entschleunigen. Viel sinnvoller wäre es doch, die nötige Besonnenheit, Ruhe und Distanz zu sich selber in seinen Beruf zu tragen. Und sich dort nicht immer gleich über alles aufzuregen, was einem eigentlich auch scheißegal sein könnte. Einfach mal das Messer in der Hose und den anderen rumspinnen lassen. Denn letztlich gilt doch gerade heute: Es ist besser, Frieden zu haben als recht zu haben.