ZDF-Fernsehrat für Untersuchung des Wettunfalls
Den gesamten Vorgang von der Wettannahme bis zum Unfall selbst will der Vorsitzende, CDU-Politiker Ruprecht Polenz, untersuchen lassen. Weitere große Themen: die Programmreform, Gebührenausfälle und ZDFneo.
Nach dem schweren Unfall des „Wetten, dass....?“-Kandidaten Samuel Koch am Samstag hat sich auch der ZDF-Fernsehrat für eine "vollständige" Untersuchung ausgesprochen. Dies betreffe den gesamten Vorgang von der Wettannahme bis zum Unfall selbst, sagt der Vorsitzende des Kontrollgremiums, der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, nach einer Ratssitzung am Freitag. Er betont, die Sendung solle fortgesetzt werden. "Aber sie kann sicher nicht so fortgesetzt werden, als ob es diesen Unfall nicht gegeben hätte." Soeben ist bekannt geworden, dass bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf mehrere Klagen gegen das ZDF vorliegen.
Dem Moderator Thomas Gottschalk und anderen ZDF-Vertretern legt Polenz nahe, richtig reagiert zu haben. Der 23-jährige Koch war am Samstag bei dem Versuch, mit Sprungfedern an den Füßen über Autos zu springen, schwer gestürzt. Er zog sich so schlimme Verletzungen an der Wirbelsäule zu, dass ihm nun Lähmungen drohen. ZDF-Intendant Markus Schächter betont nun: "Auch wenn die unmittelbar Beteiligten selbst von dem Geschehen während der Live-Sendung geschockt waren, haben sie beherzt, richtig und professionell agiert. Das gilt vor allem auch für Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker. Regie und Kamera haben das einzig Richtige gemacht und sofort vom Unfall ins Publikum geschnitten und nur dieses gezeigt. Die bei großen Hallenveranstaltungen immer bereitstehenden Sanitäter und ein Notarzt waren Sekunden nach dem Unfall beim Kandidaten." Die Entscheidung zum Abbruch der Sendung sei dann in enger Abstimmung zwischen Thomas Gottschalk, Programmdirektor Thomas Bellut, Show-Chef Manfred Teubner und ihm gefallen, so Schächter. "Es war die einzig mögliche Entscheidung", betont er und weist Vorwürfe zurück, wonach die Wetten "angesichts des Quotendrucks verschärft" worden seien. Er kündigt eine Task Force an, die den Unfall in allen Details durchleuchten soll.
Ein weiteres Thema der Fernsehratssitzung ist das neue Programmschema, das ZDF-Intendant Markus Schächter am Freitag in Mainz erläutert. Im Zentrum stehen ein neuer Schwerpunkt politischer Information am Mittwochabend, ein attraktiver Primetime-Platz für Kino und Fernsehfilm am Donnerstag und die Kombination von Wissensprogrammen am frühen Sonntagabend ab 18.30 Uhr. Die Änderungen sollen zum 1. April stehen. Ziel ist laut ZDF, „mit gebündelten Informations- und Unterhaltungsstrecken das Angebot im Hauptprogramm noch deutlicher als bisher zu profilieren“. Die Ansprache der Zuschauer im deutschen Fernsehmarkt folge zunehmend einem Trend zur Bildung von Programmblöcken verwandter Themen, erklärt Schächter dazu. Dem Publikum könne dadurch eine inhaltlich abgestimmte Folge von Sendungen ohne thematische Brüche angeboten werden.
Einen auffälligeren Sendeplatz erhält das "auslandsjournal". Es wird am Mittwochabend auf 22.15 Uhr nach dem "heute-journal" vorverlegt. Danach folgt um 22.45 Uhr künftig ein neuer Platz mit Dokumentationen zum aktuellen politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehen. Da familientaugliche Hollywood-Blockbuster am Donnerstag einen Platz im Zentrum der Prime Time bekommen, entfallen der Serienplatz und das Magazin "ZDF.reporter".
Beim Haushalt für 2011 machen dem ZDF die „Schwarzseher“ zu schaffen.Nach Senderangaben sieht der Haushaltsplan 2011 Erträge von 1,99 Milliarden Euro vor, das sind 52,33 Millionen Euro weniger als für dieses Jahr veranschlagt. Ursache seien zum einen die demografische Entwicklung und zum anderen eine Zunahme der so genannten Schwarzseher, so Schächter.
Bei ihm kommt schon eher Freude auf, wenn er auf ZDFneo blickt – auch ein Thema im Fernsehrat. Der Digitalableger hat sich nach einem Jahr „zu einem auffälligen Innovationsmotor im deutschen Fernsehen entwickelt“, so Schächter." Seit dem Sendestart vor gut einem Jahr hat ZDFneo demnach seinen durchschnittlichen Monatsmarktanteil auf 0,3 Prozent verdreifacht. Noch wichtiger sei jedoch die Betrachtung des Digitalmarktes - derzeit 53 Prozent des Gesamtmarktes. Hier erreiche ZDFneo im November erstmals 0,9 Prozent bei allen Zuschauern gegenüber 0,3 Prozent beim Sendestart. Hier sieht der Intendant ZDFneo auf „schon auf Augenhöhe mit Sendern wie Eurosport oder n-tv, die bereits seit über 20 Jahren senden“.