Otto Brenner Stiftung:
TV-Politikmagazine zu aufgebauscht und monoton
Wie politisch sind die Politikmagazine im Fernsehen? Eine medienkritische Studie unter dem Titel "... den Mächtigen unbequem sein" analysiert die politischen TV-Magazine.
Zu viel Service, zu wenig große Themen. Zu viele aufgebauschte Skandale, zu wenig Bezug zu innenpolitischen Debatten - so lassen sich die inhaltlichen Defizite zusammenfassen, die die medienkritischen Studie "... den Mächtigen unbequem sein" der Otto Brenner Stiftung (OBS) zu aktuellen TV-Politikmagazinen ermittelt hat. Von September bis Ende Dezember 2014 hat der Medienwissenschaftler und ehemalige Geschäftsführer des Grimme Instituts, Bernd Gäbler, alle Ausgaben und Einzelbeiträge der Magazine "Report" Mainz und München, "Monitor", "Panorama", "Fakt" und "Kontraste" (alle ARD), "Frontal 21" (ZDF) und "Spiegel-TV" (RTL) nach Inhalt und Machart untersucht. Auch Stil und Funktionen der Moderationen werden analysiert, Zuschauerzahlen und Quoten verglichen. Im Resümee moniert der Autor die "Zersplitterung" der politischen Berichterstattung und die zu monotone Machart der Magazine.
"Es gibt eine große und lange Tradition der zeitkritischen und investigativen Magazine", sagt Bernd Gäbler, der Autor der Studie, "jetzt kommt es darauf an, sie in ein neues mediales Umfeld und eine ganz anders geartete politische Landschaft zu überführen, damit sie wieder eine größere Wirkung auf die Politik und mehr Durchschlagskraft für das 'Agenda Setting' entfalten können."
So kritisiert Gäbler bei der ARD "eine ungenügende Markenführung". Sechs Magazine an zwei Sendeterminen - das seien einfach zu viele. Nur 30 Minuten Sendezeit seien gleichzeitig zu wenig für eine "variable Gestaltung". Überdies ließe der Sender sie zu oft ausfallen oder kürze - aus aktuellem Anlass - ihre Sendezeit. Insbesondere die Magazine "Kontraste" und "Fakt" hätten im Beobachtungszeitraum wenig eigene Recherchen aufzuweisen und kaum außergewöhnliche Beiträge entwickelt. Der ARD empfiehlt die Studie eine Konzentration und Zusammenführung der vorhandenen Ressourcen.
Klarer ist die Lage im ZDF. Das 45-minütige wöchentliche Magazin "Frontal 21" bietet nach Einschätzung des Autors am meisten Abwechslung, es fehle aber an redaktioneller Stärke für ein kontinuierlich hohes Niveau der Beiträge und an einer langfristigen Recherchestrategie.
Auf RTL biete "Spiegel-TV" zwar immer wieder einzelne gute Beiträge - etwa zu Ebola und dem IS-Terror -, entwickle sich aber zu einem "bunten Gesellschaftsmagazin". Auch der Sender RTL behandele das Magazin wenig pfleglich.
Der Titel der 112-seitigen Studie, die Anspruch und Wirklichkeit der heutigen TV-Politikmagazine unter die Lupe nimmt, ist eine Reminiszenz an das Leitmotiv von Klaus Bednarz, des kürzlich verstorbenen langjährigen Chefs des WDR-Magazins "Monitor": "Wir möchten den Mächtigen unbequem sein."
"Politische Magazine gehören zum Kern des öffentlich-rechtlichen Auftrags", sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung. Die Studie von Gäbler bestätige aber, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine große Lücke klaffe. Die Stiftung möchte mit der Untersuchung "eine selbstkritische Diskussion in den Sendern" initiieren und "eine öffentliche Diskussion über den Stellenwert von Politikmagazinen im Fernsehen" anregen, so Legrand.
Die Otto Brenner Stiftung ist die Wissenschaftsstiftung der IG Metall, deren langjähriger Vorsitzender Otto Brenner war. fortzuführen. Die Stiftung versteht sich als kritisches gesellschaftspolitisches Forum. Die Medienpolitik ist eines der Themenfelder der Stiftung. Versteckte PR in Wikipedia und die NSU-Morde waren weiter Medienthemen der OBS.