Blome:
Spiegel-Krise: Büchner droht Zerreißprobe
Wolfgang Büchner Tage als designierter "Spiegel"-Chefredakteur könnten gezählt sein. Die Ressortleiter beharren darauf, dass er seine umstrittene Personalentscheidung zurücknimmt, Nikolaus Blome zum Vize-Chef zu ernennen.
Der designierte "Spiegel"-Chefredakteur Wolfgang Büchner kommt nicht zur Ruhe und gilt in der Redaktion des Hamburger Nachrichtenmagazins als schwer angeschlagen. Der Grund: Die Ressortleiter haben den formal Noch-dpa-Chefredakteur aufgefordert, seine umstrittene Personalentscheidung zurückzunehmen, den "Bild"-Vize-Chefredakteur Nikolaus Blome zum stellvertretenden Chefredakteur und Leiter des Hauptstadt-Büros zu ernennen. Dies bestätigen mehrere verlagsinterne Quellen. Eine Verlagssprecherin will sich hierzu nicht äußern.
Damit könnten für Büchner die Tage als künftiger "Spiegel"-Chefredakteur gezählt sein, wenn es nicht zu einem Einlenken kommt. Doch dies scheint schwierig. Denn Büchner bleibt hart. Er pocht offenbar partout darauf, als Chefredakteur seinen Stellvertreter benennen zu können. Damit sind die Fronten zwischen ihm und den Ressortleitern vorerst völlig erstarrt. Kann er die Ressortleiter nicht von seinen Vorstellungen überzeugen, dürfte er es schwer werden, aus der verfahrenen Situation wieder herauszukommen. Er hätte bei den Ressortleitern große Probleme seine Vorstellungen durchzudrücken, dem "Spiegel" mehr Nachrichtenkompetenz und Relevanz zu verleihen. Zuvor hatte Büchner bereits in einer Mail die Mitarbeiter-KG, Mehrheitsgesellschafter beim Spiegel-Verlag, aufgefordert, den "Bild"-Mann Blome zu akzeptieren.
Was bleibt, ist also eine gefährliche Zerreißprobe. Denn Büchner hat wenig Wahlmöglichkeiten: Bleibt er bei seiner Forderung, droht er möglicherweise auf einer in wenigen Wochen stattfindenden außerordentliche Versammlung der Mitarbeiter-KG zu scheitern, wenn ihn dort die stillen Gesellschaftern formal auffordern sollten, seine Personalentscheidung zu korrigieren. Rückt Büchner hingegen von Blome als seinen Stellvertreter ab, ist er als Chefredakteur schwer beschädigt. Er hätte einen schweren Stand, das Blatt nach seinem Gusto umzubauen. Geholfen wäre auch nicht mit einer halbherzigen Lösung, Blome lediglich das Amt des Büroleiters zu überlassen. Es wäre ein fauler Kompromiss.
Am Mittwoch treffen sich die stillen Gesellschafter zunächst zu einer Info-Veranstaltung. Dort sollen offenbar die Forderungen formuliert werden, über die auf einer späteren außerordentlichen Mitgliederversammlung entschieden wird. Ein Termin hierfür steht aber noch nicht fest.
Fraglich ist allerdings, warum der Streit über die Blome und den Ressortleitern jetzt eskaliert. Denn die Mitarbeiter-KG - und damit sicherlich auch die Ressortleiter - waren offenbar rechtzeitig darüber informiert, dass der Berliner Büroleiter der "Bild" zum "Spiegel" wechselt. "Sie können davon ausgehen, dass die Gesellschafter des Spiegel-Verlags bei allen wichtigen Personalien vorab von der Geschäftsführung informiert werden", teilt "Spiegel"-Geschäftsführer Ove Saffe auf Anfrage von Werben & Verkaufen mit. Dies hatte der ehemalige "Stern"-Verlagsgeschäftsführer heute auch auf der Redaktionskonferenz deutlich gemacht.