Nach der Revolte :
Spiegel-CEO Ove Saffe: "Wir müssen stärker wachsen"
"Spiegel 3.0" muss zünden: Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe rechtfertigt vor Hamburger Wirtschaftsjournalisten den intern umstrittenen Kurs von Chefredakteur Wolfgang Büchner.
"Es kommt etwas Gutes heraus": Mit diesen Worten gibt sich Spiegel-Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe überzeugt von den intern heftig umstrittenen Veränderungen beim Hamburger Nachrichtenmagazin, nach denen Print- und Online-Redakteure künftig miteinander arbeiten sollen. Das "Spiegel 3.0" genannte Projekt stellte Saffe jetzt beim Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten vor. Im Zentrum: Spiegel Online soll Mitte nächsten Jahres mit neuen kostenpflichtigen Zusatzangeboten an den Start gehen. Derzeit sei der Verlag dabei, die inhaltlichen und technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, so Saffe. Vom 10. Januar 2015 an erscheint zudem das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gedruckt bereits am Samstag und nicht mehr erst am Montag. Die Vorbereitungen dazu seien im Zeitplan, berichtete der "Spiegel"-Chef des Weiteren.
Grundlage für die Veränderungen ist das von Chefredakteur Wolfgang Büchner aufgesetzte Projekt "Spiegel 3.0". Es soll Print und Digital im Verlag stärker verzahnen und hat im Verlag für Unruhe gesorgt. Ein Stein des Anstoßes in der Redaktion war, dass alle Ressortleiter-Posten aufgrund veränderter Aufgaben neu ausgeschrieben werden. Dass Ressortleiter für Print auch für die jeweiligen Online-Auftritte mitverantwortlich werden sollen, sahen vor allem KG-Angehörige in der vorgeschlagenen Weise kritisch. Infolgedessen kamen auch Personalspekulationen um Chefredakteur Büchner auf: "Dass unsere Redaktion den Chefredakteur nicht mehr haben will: Wirklich belastbar ist das nicht", sagte Saffe jetzt dazu. Er hatte Büchner, zuvor dpa-Chefredakteur, vor mehr als einem Jahr zum Verlag zurückgeholt. Im August hatten die Gesellschafter dem Chefredakteur ihre Unterstützung für die Umsetzung seiner Pläne zugesichert. Am Verlag sind die Mitarbeiter KG (50,5 Prozent), Gruner + Jahr (25,5 Prozent) sowie die Augstein-Erben beteiligt.
Saffe rechtfertigte jetzt die Umbauten. Angesichts der allgemein veränderten Mediennutzung könne der Spiegel-Verlag Saffe zufolge die Auflagenverluste des Nachrichtenmagazins bislang nicht kompensieren. "Wir müssen stärker wachsen und den digitalen 'Spiegel' ausbauen."
Von Mitte 2015 an sollen die Magazin-Inhalte im Internetauftritt von "Spiegel Online" nicht mehr als ganzes digitales Heft, sondern je nach Inhalt und Ressort "an völlig unterschiedlichen Stellen" angeboten werden, erläuterte Saffe. "Es geht um mehr als um den Ausbau eines E-Papers. Der Auftritt von 'Spiegel Online' wird sich komplett verändern." Hinzu kommt, dass diese digitalen Zusatzangebote im Internetauftritt kostenpflichtig werden. Dabei denkt der Manager an eine Abo-Gebühr zum dauerhaften Bezug der Extras. Der Zugang zu "Spiegel Online" bleibt kostenfrei.
Die Trennlinie zwischen kostenlosen und zu bezahlenden Inhalten auf "Spiegel Online" werde nach deren Werthaltigkeit gezogen, kündigte Ove Saffe an. Darin einfließen werde auch, mit welchen Inhalten der Verlag zu anderen Anbietern im Wettbewerb stehe. "Die vernünftige Durchmischung wird die Kunst sein." Und je attraktiver das Zusatzangebot, desto größer werde die Zahlungsbereitschaft der Nutzer dafür sein, zeigte sich Saffe überzeugt. Nach seinen Angaben verdient der Internetauftritt seit sieben Jahren "relevantes Geld" - mit einer zweistelligen Rendite.
Die digitale Version des gedruckten "Spiegels" wird derzeit von 51.429 Lesern im Abo bezogen. "Das funktioniert wunderbar", ergänzte Saffe. Die Auflage des "Spiegel" lag im 2. Quartal 2014 bei 874.111 verkauften Exemplaren (IVW-geprüft), vor zwei Jahren waren es noch über 900.000 Exemplare.
ps/dpa