
"Mein Kopf gehört mir": Die Medienmacher schlagen zurück
Das "Handelsblatt" hat mit der Aktion "Mein Kopf gehört mir!" die Diskussion um das Urheberrecht angeheizt. Nach der Antwort der Piraten und nach diversen Blogs wie von Media-Profi Jörg Blumtritt meldet sich jetzt das Medien-Establishment wieder zu Wort - und keilt zurück.
Die "Handelsblatt"-Aktion "Mein Kopf gehört mir" mit 100 Branchengrößen, die sich zu Ostern pro Urheberrecht und im Kern gegen so manche These der Piratenpartei stellen, schlägt weiter hohe Wellen.
In diversen Blogs von Piraten geht es hoch her, wie etwa beim "Urheber und Labelbetreiber" Bruno Kramm, der die Retourkutsche "101 Piraten für ein neues Urheberrecht" mitgetragen hat. W&V Online hat bereits über die private Reaktion des Media-Managers und AG-Social-Media-Vorsitzenden Jörg Blumtritt berichtet, der sich in seinem privaten Blog über die Osterausgabe des "Handelsblatts" und über Befürworter eines starken Urheberrechts wie Burda-Vorstand Philipp Welte, Gruner+Jahr-Lenker Bernd Buchholz, Ex-RTL-Chef Hans Mahr, aber auch Werber Lothar Leonhard, Chairman Ogilvy & Mather Luft machte. Tenor: Die Medien pochen deshalb so sehr auf ein starkes Urheberrecht, weil sie es bisher nicht geschafft hätten, im wachstumsstarken Internet funktionierende Geschäftsmodelle aufzubauen.
Nun reagiert die Branche erneut; gegenüber W&V Online bekräftigen zuerst einmal viele der vom "Handelsblatt" befragten Medienmanager, Unternehmer und Kreative trotz Piraten-Kritik ihre Haltung, die sie gegenüber dem Blatt aufgezeigt haben. Sie wenden sich weiter gegen die Forderungen der Piratenpartei, das Urheberrecht zu lockern. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) geht jetzt noch einen Schritt weiter und platziert seine Reaktion im Social Web. Auf seinen Facebook-Seiten startet der Verband nach Angaben des Sprechers Hendrik Zörner eine Reihe und stellt dort nach und nach Fakten zum Urheberrecht dar. Aus Verbandssicht würden die Piraten an einer "politische Neubestimmung des Urheberrechts" arbeiten, die "in vielen Punkten von Unkenntnis" zeugt.
Einige Vertreter gehen direkt auf Jörg Blumtritts Reaktion ein – und zeigen sich verwundert, wie etwa Ex-RTL-Chef Helmut Thoma, der in diesen Tagen den neuen Sender Volks.TV auf die Beine stellt und den Mediacom-Manager mit seiner Meinung "im Glashaus" sitzen und Steine werfen sieht. Er will den Privatmann und Piraten nicht vom Media-Manager Blumtritt trennen. Thoma hat sich im "Handelsblatt" für "Arbeit nur gegen Belohnung" ausgesprochen.
Deutlicher wird Thomas Nachfolger bei RTL, Hans Mahr, der als Berater mit seiner Firma Mahr Media aktiv ist und als Herausgeber hinter dem Genussblatt "Falstaff":"Ausgerechnet der Leiter der Mediacom, Herr Blumtritt, outet sich als Pirat und zu deren Zielen. Konsequenterweise müsste Blumtritts Mediacom künftig ihre Media-Vermittlung kostenlos betreiben, worüber sich Kunden und Medien freuen würden. Und was seine Bemerkungen zur Schaffung und Vermarktung von Internetplattformen betrifft: Da sollte sich der Leiter einer der großen Media-Agenturen selbst an der Nase nehmen, schließlich wäre es seine Aufgabe, neue und interessante Internet-Vermarktungen anzubieten", so Mahr. Ob solche Unterstützung den Piraten helfe, sei wohl zu bezweifeln. Hans Mahr stößt die Debatte sichtlich auf: "Kaum sind die Piraten erfolgreich, versuchen sie auch schon die Mächtigen zu unterwandern."
Doch die Auseinandersetzung in den Medien scheint etwas zu bewirken: Die Piratenpartei will den Streit mit Künstlern um das Urheberrecht im direkten Gespräch entschärfen. Seine Partei plane "seit einiger Zeit, einen runden Tisch zu diesem Thema zu veranstalten", sagt das Mitglied des Bundesvorstandes der Piraten, Matthias Schrade, dem "Handelsblatt" online. "Hierzu wollen wir alle Beteiligten - Musiker und Künstler, Verwerter und Rechteinhaber sowie Konsumenten - einladen und gemeinsam ein zeitgemäßes Urheberrecht entwickeln", fügt Schrade hinzu.