Timotheus Höttges:
Medientage München: Die Forderungen des Telekom-Chefs
"Big Data ist erst eine Bedrohung, wenn wir es nicht machen", ruft Telekom-Chef Timotheus Höttges den Unternehmen auf den 28. Medientagen München zu. Und stellt Forderungen auf.
Telekom-Chef Timotheus Höttges appelliert an Politik und Kartellrecht, europaweit Rahmenbedingungen zu schaffen, um Big Data auch gewinnbringend in der hiesigen Wirtschaft einsetzen zu können. "Vorsicht vor der digitalen Kornkammer, die das Produkt erst exportiert und danach nur noch reimportiert", warnt Höttges in seiner Keynote zu den 28. Medientagen München mit Blick auf die neu entstandenen Internet-Daten-Monopole rund um Google oder Facebook. Er kritisiert "Inseln", also geschlossene Ökosysteme wie Amazon, und warnt vor Gefahren der "The Winner takes it all"-Attitüde. Hier müsste Europa gegensteuern und im Wettbewerb mithalten. "Monopole bedeuten am Ende immer Wohlstandverluste. Die Internetgiganten häufen immense Vermögen an, und zwar außerhalb Europas. Sie lassen die Wirtschaft schrumpfen."
Jetzt müssten vier Punkte umgesetzt werden, um den Anschluss nicht zu verlieren, fordert Höttges – und stößt ins selbe Horn wie in den vergangenen Tagen Teilnehmer des IT-Gipfels in Hamburg. Die Unternehmen selbst müssten zuerst Modelle ableiten, die denen von Amazon, Google und Konsorten gleichen. Zweitens müssten europaweit offene Plattformen geschaffen werden, so Höttges, um potenziell alle ins Boot zu holen und die Wertschöpfung auch in Europa zu halten. Die Unternehmen müssten – drittens - wiederum schnell lernen, Daten als „Rohstoff der digitalen Ökonomie“ zu beherrschen und für die Menschen nutzbar zu machen. Über allem müsse zu guter Letzt aber eine neue Regulierung stehen; die bisherige ist dem Telekom-Chef „zu analog“. Sie müsse zu Dynamik im Markt ebenso passen wie zu den Bedürfnissen der Nutzer und den gewünschten Grenzen etwa bei Bürgerrechten.
Höttges: "Big Data erscheint vielen als Bedrohung. Doch das ist es erst, wenn wir es nicht machen. Macht lieber Smart Data. Traut Euch, das Vermögen zu heben", so der Appell des Telekommunikationsmanagers, der einräumt: Ja, What'sApp und ähnliche Dienste kosten die Telekom-Branche weltweit jährlich etwa 40 Milliarden Euro an Wertschöpfung. In Anlehnung an seine Forderung zu den offenen Plattformen fügt Höttges hinzu, Smart Data solle für alle in Europa gelten - auch für Google, mit "digitaler Neutralität". Der Telekom-Chef fordert die Wirtschaft auf, jetzt den Mut zu haben, das eigene Modell in Frage zu stellen und komplett neu auzustellen. Ein neues Modell allein an der lange gängigen Formel „Content is King“ auszurichten, funktioniere indes nicht mehr, wie der Erfolg der großen Internet-Marken zeige. "Recommendation" und "Usability" seien weitere Säulen, die bedacht werden müssten. Lernen könnten sie alle von Netflix, jenem Unternehmen, das sich durch das Studium der Nutzerbedürfnisse und Anpassung an deren Wünsche vom DVD-Verleiher zur Streamingmarke Nummer eins hochgearbeitet habe.
Und wo bleiben speziell die Medien und der Journalismus bei Big Data? Ganz vorne – wenn man Timotheus Höttges glaubt. Denn die Analyse der umfassenden Daten und das Nutzbarmachen der Informationsflut sei Aufgabe der Medien.