Branchenanalyse:
Medienerlöse schwinden – Personalpolitik pusht Rendite
Während des IT-Booms der vergangenen 20 Jahre sind in Verlagen 85.000 Stellen weggefallen. Flauer Lohnzuwachs und mehr Arbeit für den Einzelnen sorgen laut einer Studie dafür, dass die Verlage dennoch höhere Überschüsse melden.
Die Medienwirtschaft profitiert nicht von der IT-Revolution in den letzten 20 Jahren. Film-/TV und Rundfunk, Verlagswesen, Werbung und Druck sind durch die dynamische Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologien nicht gestärkt, sondern eher geschwächt worden. Zu diesen Resultaten kommt der Jenaer Medienökonom Wolfgang Seufert in einer neuen statistischen Analyse, die der auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes (VGR) durchgeführt hat. Dass die Verlage dennoch im Plus wirtschaften, liegt vor allem an der Personalpolitik.
Die Details: Der Anteil der Medienbranche an der Wertschöpfung der gesamten deutschen Wirtschaft ist demnach zwischen 1991 und 2011 – vor allem in der zweiten Dekade seit 2001 - von rund zwei Prozent auf nur noch 1,8 Prozent gefallen. "Die Verluste sind zum einen darauf zurückzuführen, dass sich der Anteil der Ausgaben für Medieninhalte am gesamten Konsum in Deutschland auch aufgrund der Gratiskultur im Internet seit 2001 merklich verringert hat: von 2,6 auf gerade noch 2,2 Prozent im Jahr 2011", heißt es da. Zum anderen seien die Werbeeinnahmen der Medien in dieser Zeit um rund 2,5 Milliarden Euro eingebrochen. Der starke Zuwachs der Onlinewerbung habe die Verluste im Print- und im TV-Werbemarkt auf der Einnahmenseite der Medienunternehmen also bei Weitem nicht ausgleichen können.
Stellen gingen in der Folge vor allem in der Druckindustrie und in der Verlagswirtschaft verloren. In den Druckereien fielen der Analyse zufolge seit 1991 und bis 2011 rund 185.000 Arbeitsplätze und damit fast die Hälfte aller Stellen weg, bei den Verlagen wurden rund 85.000 Stellen gestrichen. Die meisten Mitarbeiter haben die Printhäuser allein in den letzten fünf Jahren ziehen lassen – über 40.000. Seufert nennt diesen Zeitraum die "Phase der sich verschärfenden Marktkonsolidierung" - insbesondere bei den Zeitungsverlagen.
Die Untersuchung, die Seufert für eine Jubiläumsausgabe der Fachpublikation "MedienWirtschaft. Zeitschrift für Medienmanagement und Medienökonomie" erstellt hat und die erstmals die verfügbaren Branchendaten der VGR auswertet, gibt auch Auskünfte über die Lohn- und Rentabilitätsentwicklungen in der Branche. Hier kommt Brisantes zu Tage: Trotz der oben geschilderten Rückgänge hat die Rentabilität der Medienunternehmen gleichzeitig keineswegs gelitten. "Im Gegenteil: Sie fällt immer noch in allen Teilbranchen der Medienwirtschaft weit überdurchschnittlich aus, und gerade in der Verlagswirtschaft ist sie im Zuge der Marktkonsolidierung seit 2006 sogar stark angestiegen: Die Verlagsüberschüsse haben sich seitdem insgesamt mehr als verdoppelt", so Seuferts Ergebnisse. Die Gründe hierfür würden in einem im Vergleich zur Gesamtwirtschaft unterdurchschnittlichen Anstieg der Lohnkosten und in einer gleichzeitig steigenden Pro-Kopf-Produktivität aufgrund des umfangreichen Stellenabbaus liegen, bringt es der Jenaer Professor auf den Punkt. So ist es die Personalpolitik, die bei den Verlagen die Rendite pusht.
Die Abhandlung von Seufert ist unter dem Titel "Die deutsche Medienwirtschaft: Wachstums- oder Krisenbranche?" in Ausgabe 4/13 zum zehnjährigen Jubiläum der Fachzeitschrift erschienen. "MedienWirtschaft" wird von den Professoren Martin Gläser, Thomas Hess, Frank Lobigs und Insa Sjurts im New Business Verlag herausgegeben.