Manfred Braun :
Kurs der WAZ-Funke-Gruppe: Lieber lokal als qualitativ hochwertig
Funke-Lenker Manfred Braun meint nach Redaktionsstreichungen: Leider produzierten viele Redakteure "immer noch Zeitungen für sich"...
Welche Losung hinter den umfangreichen Umbauten und NRW-Redaktionsstreichungen in der Funke Mediengruppe (ehemals WAZ Mediengruppe) steht, das verrät Geschäftsführer Manfred Braun jetzt in einem Interview mit der Fachzeitschrift "MedienWirtschaft". Sie lautet: Wirtschaftliche Freiräume statt journalistischer Ansprüche. Das Gespräch ist nach der Redaktionsschließung der "Westfälischen Rundschau" im Januar (120 Stellen) und vor der Ankündigung weiterer Verschlankungen in den Bereichen Content Desk, Anzeigenblätter und Verwaltung der NRW-Zeitungen im März (200 Stellen) aufgezeichnet worden. Dabei rechtfertigt Braun die radikalen Sparmaßnahmen mit den Worten: "Worum es uns geht, ist, das journalistische Angebot überhaupt am Leben zu erhalten."
Braun macht in dem Interview deutlich, dass sich die Zeitungen künftig noch stärker an lokalen Themen orientieren sollen – auch wenn die journalistische Qualität darunter leidet. Der Geschäftsführer der Funke Mediengruppe betont: Leider produzierten viele Zeitungsredakteure "immer noch Zeitungen für sich und die Journalistenkollegen, vergessen dabei aber vollkommen den Leser". Braun weiter: "Das Marktpotenzial der Regionalzeitungen liegt darin, ihre Stärke des Vor-Ort-Seins voll auszuspielen." Das von allen Journalisten gelebte Denken in Geschichten würde von den Lesern nicht in der Wertigkeit wahrgenommen.
Braun stützt sich bei seinen Aussagen auf Marktforschungsergebnisse aus der "Lokaloffensive" gegen den rasanten Leserschwund bei den NRW-Zeitungen; demnach seien eine lebendige und lesernahe Lokalität sowie die Berechenbarkeit der Inhalte-Platzierung für die Leser sehr wichtig. Eine gute Geschichte an der falschen Stelle könne schlimmstenfalls sogar gegen die Zeitung wirken. Die Leser nähmen auch die politische Orientierung einer Zeitung "nicht so deutlich und schon gar nicht als Qualitätsmerkmal wahr". Im Gespräch mit der "MedienWirtschaft" begründet Braun das neuartige Modell, den Dortmunder Lokalteil der "WR" nun ausgerechnet von den "Ruhr Nachrichten" und damit von der direkten Konkurrenz zuliefern zu lassen, ganz nüchtern mit der Erfolgsorientierung.
Die vierteljährliche Fachzeitschrift "MedienWirtschaft - Zeitschrift für Medienmanagement und Medienökonomie" wird von den Medienwissenschaftlern Frank Lobigs (TU Dortmund), Martin Gläser (Hochschule der Medien Stuttgart), Thomas Hess (LMU München) und Insa Sjurts (Hamburg Media School) herausgegeben.