IVW-Zahlen:
Kommentar: Hütchenspiele beim Handelsblatt?
Hütchenspiele sind ja in manchen Chefetagen durchaus beliebt, wenn es um die Interpretation von Auflagenzahlen. Ganz gleich, wie sich Märkte entwickeln, es gibt immer nur Sieger. Man darf nur nicht genau hinschauen. W&V-Chefredakteur Jochen Kalka hat das bei den aktuellen "Handelsblatt"-Zahlen trotzdem getan.....
Hütchenspiele sind ja in manchen Chefetagen durchaus beliebt, wenn es um die Interpretation diabolisch anmutender Zahlenwerke geht, die zauberhafte Namen tragen wie MA, AWA oder IVW. Ganz gleich, wie sich Märkte entwickeln, es gibt immer nur Sieger. Eine Pressemitteilung gleicht der anderen. Am Montag vermeldet etwa auch das "Handelsblatt", dass es neue Leser gewinne. Im Prinzip mag das ja auch stimmen. Im Prinzip.
(Da fällt mir ein Witz ein, der ist für diese Geschichte hier ganz wichtig. Frage: Wissen Sie noch, wie die Kaufhauskette in der DDR hieß? Antwort: "Prinzip". Ja, im Prinzip gibt es alles…)
Schauen wir uns doch exemplarisch die "Handelsblatt"-Meldung einmal genauer an. Wichtigste Erkenntnis: Die Zahl der Abonnements sei gegenüber Vorjahresquartal gestiegen. Wir haben es überprüft. Die Aussage ist korrekt. Auch wenn einst nur Steigerungen in Prozenthöhen kommuniziert wurden, so ist das Plus in Höhe von Nullkommaeins Prozent schon eine News wert. Wir reden von exakt 49 neuen Abonnenten bei insgesamt 81.510. Chapeau!
Am Kiosk, so vermeldet das "Handelsblatt" weiter, "legt das Handelsblatt gegenüber dem Vorquartal um 1,8 Prozent zu." Auch diese Aussage haben wir überprüft. Und auch hier gilt: Im Prinzip stimmt das. Ja, im Prinzip. Aber: IVW-Zahlen werden immer mit Vorjahresquartal verglichen, so wie es das "Handelsblatt" auch bei der Abo-Auflage korrekt macht. Beim Kiosk-Verkauf ist plötzlich von "Vorquartal" die Rede. Wäre das "Handelsblatt" hier bei der Wahrheit – Vorjahresvergleich – geblieben, müsste es Verluste in Höhe von rund 18 Prozent auf 5151 Käufer am Kiosk vermelden.
Besonders lustig ist aber die Aussage, dass das "Handelsblatt" am elektronischen Kiosk täglich mehr als doppelt so viele E-Paper wie die "Welt" und die "Süddeutsche Zeitung" zusammen verkaufen würde. Auch dies mag im Prinzip stimmen. Aber eben nur im Prinzip. So wir uns nicht verguckt haben, denn die Zahlen sind schier unglaublich, verkauft das Handelsblatt laut IVW im Einzelverkauf exakt 59 E-Paper-Ausgaben pro Tag. In Worten: Neunundfünfzig!
Wem sollen denn derartige Meldungen dienen? Sind Mediaplaner zu dämlich, so etwas zu durchschauen? Ist es die Fachpresse? Ganz ehrlich, wir verstehen diese Art von Spiel nicht.
Grafik: Die 'Entwicklung der "Handelsblatt"-Einzelverkäufe seit 2003. (Quelle: PZ-Online/IVW)