Pro Spot-Bann bei ARD und ZDF werden Argumente angeführt wie besseres Programm durch Unabhängigkeit vom Werbekunden, mehr Erlöse für ähnlich gerichtete Umfelder in Print, TV und Radio oder auch ein faireres Preisgeflecht gerade im regionalen Markt. Stets vermutete Dumpingpreise im ARD-Hörfunk waren schon ein Fall für den Kadi. Gegen ein Werbeverbot haben sich über die Jahre hinweg immer wieder die Markenartikler ausgesprochen, die nach eigenen Angaben schon am politisch verordneten Wegfall des Sponsorings knabbern. Sie wollen das "qualitative" Umfeld bei ARD und ZDF nicht verlieren. Mediaplaner bezweifeln indes, dass frei werdende Budgets im großen Umfang auf andere Medien verteilt würden. Und AS&S-Manager Bernhard Cromm warnt davor, dass "auf Vermarkterseite ein Quasi-Monopol der RMS" entstehen könnte.

Um welche Dimensionen im rund 30 Milliarden Euro starken deutschen Werbemarkt wird da eigentlich gestritten? ARD und ZDF haben im vergangenen Jahr brutto mit 508 Millionen Euro zusammen in etwa so viel mit Fernsehwerbung erlöst wie kleinere Privatkanäle im TV-Markt. Die Werberahmenprogramme der Öffentlich-Rechtlichen sehen im milliardenschweren TV-Segment von Sendern wie RTL II nur die Rücklichter (624 Millionen Euro Bruttoumsatz in 2012). Im Hörfunk wiegt das ARD-Engagement ungleich schwerer: Hier erlöste die Truppe der Werbetöchter und die AS&S Radio als nationaler Vermarkter der öffentlich-rechtlichen Wellen rund 587 Millionen Euro brutto. Der private Radiomarkt kommt hier auf knapp 458 Millionen Euro – wobei die meisten Umsätze die Hamburger RMS liefert. Dieses Jahr werden die Radioumsätze bei der Frankfurter ARD-Werbung nicht zu halten sein, zumal wichtige und reichweitenstarke Sender der RTL-Familie seit Jahresstart von der RMS vermarktet werden. An Nettoerlösen sind den Öffentlich-Rechtlichen im Jahr 2012 übrigens rund 550 Millionen Euro übrig geblieben.

So viel zu den Zahlen. In der Tat haben die Länder bei Verabschiedung des letzten Staatsvertrags, der den Wechsel hin zum Rundfunkbeitrag festhält, eine Diskussion über die Zukunft der Werbung in den Programmen von ARD und ZDF vereinbart. Sie sollte im Jahr 2014 einsetzen, wenn die Gebührenkommission KEF die genauen Einnahmen aus dem Haushaltsmodell kennt. In wenigen Tagen will die KEF die Zahlen vorlegen. Dann wird erst recht eine – mehr oder weniger – fruchtbare Diskussion einsetzen, nachdem seit der ersten Bekanntgabe des möglichen Milliarden-Überschusses durch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) und durch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) diese Woche vor allem über die Senkung des Rundfunkbeitrags gesprochen wird. Schon hier sind sich die diversen Lager uneins: War zuerst von bis zu einem Euro weniger Rundfunkbeitrag pro Haushalt und Monat ab 2015 die Rede, so zitiert die "SZ" am Donnerstag andere Ländervertreter, die maximal 50 Cent für möglich halten. Für weniger Gebühren macht sich auch die ARD stark, ist ihr doch wohl auch bewusst, wie unbeliebt das gebührenfinanzierte Modell bei vielen Bürgern ist.

Dass sogar das große Paket - Gebührensenken und zugleich eine Werbereduzierung - nun möglich sein soll, meint einmal mehr der VPRT, der zudem immer wieder auf Sparen bei ARD und ZDF pocht: "Sollte es sich tatsächlich um einen Überschuss von etwa einer Milliarde handeln, wäre das schon deswegen gut, weil es der Politik die Chance gäbe, Wort zu halten und eine Grundsatzentscheidung zu Gunsten der Bürger zu treffen", betont der Verbands-Vorstandsvorsitzende Tobias Schmid. Natürlich besteht sein Verband als natürlicher Gegner des öffentlich-rechtlichen Systems "weiterhin auf einer Reduzierung der TV-Werbung. So wäre eine Halbierung der TV-Werbung bei der Finanzlage vollkommen problemlos möglich", rechnet Schmid vor - und ordnet Eumanns Forderung flugs aus wirtschaftlicher Sicht ein. Schmid führt bekannte Argumente an: "Das würde sowohl privaten Sendern als auch anderen Mediengattungen helfen und den Kollegen von ARD und ZDF am Vorabend die teilweise Rückkehr zu öffentlich-rechtlichem Programm ermöglichen." Beim Hörfunk pocht der VPRT erneut auf das NDR-Modell. Fazit Schmids: "Und es bliebe noch genug für eine Gebührensenkung übrig."

Der ARD-Verantwortliche für das neue Rundfunkbeitragsmodell rät dazu, mögliche Mehreinnahmen vor allem zum Ausgleich von Mehrbelastungen zu verwenden. SWR-Justiziar Hermann Eicher legt der "dpa" die Verwendungsmöglichkeiten dar: "Beitragssenkung, Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder - und das hätte meine Priorität - die Mehreinnahmen werden vor allem dazu verwendet, Mehrbelastungen von Unternehmen, Kommunen und Kirchen durch Gesetzeskorrekturen wieder auszugleichen. Klar ist nur: Man kann das Geld nur einmal ausgeben." Eicher ist einer der Architekten der Beitragsreform.

Egal, wer, wo und wie debattiert: Die KEF ist erst einmal am Zuge. Sie wird in ihren Rechenbeispielen rund um den vielleicht 8,5 Milliarden Euro schweren Gebührentopf Finanzlücken bei einzelnen Sendern ebenso einrechnen müssen wie höhere Personalkosten oder auch Produktionsausgaben. Die Produzentenwirtschaft hat sich im Vorfeld immer wieder zu Wort gemeldet – sie will von den Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag ebenfalls profitieren. Bei allem darf nicht vergessen werden: Die Politik entscheidet. Manche Länder haben aber schon in den vergangenen Jahren ganz klar formuliert, dass sie ihren Wählern mehr als 17,98 Euro an Gebühr pro Haushalt und Monat auf gar keinen Fall aufbürden wollen. Ostdeutsche Länderparlamente ließen sogar die Ratifizierung von Staatsverträgen an der Frage der Gebührenhöhe scheitern - im Sinne ihrer weniger einkommensstarken Wähler. Den Staatskanzleien dürfte daher mehr an einem niedrigeren Rundfunkbeitrag als am Wegfall der Werbung gelegen sein. Werbegegner brauchen nun gute Argumente.

ps/dpa


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.