Pressokodex:
Deutscher Presserat spricht sechs Rügen aus
Diskriminierung, Eingriff in die Privatsphäre und fehlende Trennung von Redaktion und Anzeigenverkauf: Der Deutsche Presserat spricht sechs Rügen aus. Unter anderem gegen Bild.de, "Leipziger Volkszeitung" und "Junge Freiheit".
Der Deutsche Presserat hat sechs Rügen ausgesprochen. Die "Leipziger Volkszeitung" bezeichnete in einem Kommentar die NPD und die "Antifa" als braunen und roten Abschaum und wurde dafür öffentlich gerügt. Menschen als "Abschaum", also Abfall, zu bezeichnen, verletzt die Menschenwürde der Betroffenen, so die Begründung des Presserats.
Die "Junge Freiheit", die als Leitmedium der Neuen Rechten gilt, handelte sich wegen einer diskriminierender Überschrift eine Rüge ein. "Zigeuner können Sozialhilfe bekommen" schrieb das Blatt, als es um die Entscheidung des Landessozialgerichts Essen ging, wonach Einwanderer aus Bulgarien und Rumänien Anspruch auf Sozialleistungen in Deutschland haben. Die Zeitung suggeriere, das Gericht habe eine Sonderregelung für eine bestimmte ethnische Minderheit im Sozialrecht geschaffen, so die Begründung für die Rüge. Die willkürliche Heraushebung dieser Minderheit durch die Redaktion wirke diskriminierend.
Gegenüber Bild Online sprach der Presserat eine nicht-öffentliche Rüge wegen eines schweren Eingriffs in Privatsphäre aus. Das Portal hatte darüber berichtet, dass eine namentlich genannte Landtagsabgeordnete in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden war. Auch der angebliche Hintergrund der Einweisung wurde mitgeteilt, offenbar ohne dass die Abgeordnete eingewilligt hatte. Körperliche und psychische Erkrankungen gehörenjedoch laut Pressekodex in die Privatsphäre. In der Regel soll darüber nicht ohne Zustimmung des Betroffenen berichtet werden.
Drei weitere Rügen beziehen sich auf fehlende Kennzeichnung von Werbung oder PR. Der "Dingolfinger Anzeiger" wurde gerügt, weil er die redaktionelle Ankündigung einer Kabarettveranstaltung von der Schaltung einer Anzeige abhängig gemacht hatte. Eine solche Forderung ist ein grober Verstoß gegen den Pressekodex, da eine redaktionelle Berichterstattung nicht an eine finanzielle Gegenleistung gekoppelt werden darf.
Auch die Modellbauzeitung "RC-Freizeit" handelte sich eine Rüge wegen fehlender Trennung von redaktioneller Berichterstattung und Anzeigenmarkt ein. Ein Leser fragte nach Testberichten zu bestimmten Produkten und erhielt vom Chefredakteur die Antwort, dass man über diese Produkte weder berichtet habe noch berichten werde. Und zwar, weil die Hersteller in der Zeitschrift keine Anzeigen schalteten.
Eine öffentliche Rüge bekam Bild Online wegen eines Artikels über die medikamentöse Therapie bei vorzeitigem Samenerguss. Die Redaktion hatte darin umfangreich PR-Material wörtlich übernommen und nicht entsprechend gekennzeichnet. Außerdem wurden Preis und Handelsname des Medikaments genannt. Der Ausschuss sah darin einen Verstoß gegen das Verbot der Schleichwerbung und die Sorgfaltspflichten im Umgang mit PR-Material.
Die drei Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats tagten vom 03. bis 04.12.2013 in Berlin. Sie behandelten insgesamt 103 Beschwerden.