Reichweiten-Einbruch:
Facebook: "Wer nicht zahlt, ist nicht sichtbar"
Die organische Reichweite von Facebook-Fanpages sinkt seit Monaten und das Ende ist offenbar nicht erreicht. Auch ein bis zwei Prozent könnte sie sinken, so das US-Blog Valleywag. Wie realistisch ist dieser Wert? W&V Online fragt bei Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach nach.
Die organische Reichweite von Facebook-Fanpages sinkt seit Monaten, zuletzt mussten Seitenbetreiber im Dezember einen deutlichen Einbruch registrieren. Noch vor zwei Jahren hieß es von Facebook, die organische Reichweite liege bei 16 Prozent der Fanbasis, doch dieser Wert dürfte inzwischen für viele Seiten nicht mehr der Realität entsprechen. Und er wird wohl noch weiter sinken. Laut Valleywag sogar auf nur ein bis zwei Prozent.
Den Post einer Marke könnte also in Zukunft nur noch ein verschwindend kleiner Anteil ihrer Facebook-Fans überhaupt angezeigt bekommen. Es sei denn, die Seitenadministratoren kaufen sich mehr Reichweite dazu. Das US-Blog Valleywag beruft sich auf informierte Kreise. Ein Facebook-Sprecher bestätigt gegenüber CNET, dass die Reichweite von Markenseiten sinken wird, legt sich aber nicht auf einen bestimmten Wert fest. Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, Leiter Digitale Kommunikation und Innovationen bei Achtung, hält den Einbruch auf ein bis zwei Prozent aber für realistisch. "Wir sehen seit Monaten einen radikalen Einbruch der organischen Reichweite", sagt er.
Die Verluste betreffen nach Beobachtungen von Achtung nicht nur Posts, sondern wirken sich auch auf das organische Fan-Wachstum aus. So werden sehr große Fanpages mit mehr als 800.000 Fans inzwischen kaum mehr den Usern empfohlen, wenn sie Fan ähnlicher Seiten werden.
Unternehmen und Marken, die auf Facebook aktiv sein wollen, werden irgendwann für die Sichtbarkeit in dem sozialen Netzwerk bezahlen müssen. Dann erreichen Marken mit ihren Posts die Fans nur noch, wenn sie diese auch entsprechend mit Facebook-Ads unterstützen. "Das wird zu einem Paradigmenwechsel führen. Langfristig", sagt Lünenbürger-Reidenbach. Er rät Kunden daher schon jetzt, "nur noch Facebook-Programme zu starten oder durchzuführen, wenn sie ein signifikantes Media-Budget dafür haben."
Facebook geht es mit dieser Maßnahme ganz offensichtlich darum, die Erlösmöglichkeiten zu steigern. Experten überrascht das nicht; dass Facebook einmal bei denen abkassieren würde, die das Netzwerk bislang kostenlos für die eigenen Zwecke nutzen konnten, wurde erwartet. Das Geschäftsmodell basiert immerhin auf Werbung. "Die Rechnung kommt jetzt", so Lünenbürger-Reidenbach.
Weniger stark betroffen von den Änderungen sind derzeit die Facebook-Seiten von Medien und Blogs. Ihre Posts werden häufig von den Nutzern geteilt und erscheinen dann im Newsfeed ihrer Freunde. So verbreiten sie sich und sorgen für Traffic bei den jeweiligen Portalen. Doch auch diese virale Verbreitung wirkt sich offenbar nur geringfügig auf die organische Reichweite aus. Selbst wenn also viele User einen Link teilen, kommentieren oder liken und Facebook so zu verstehen geben, dass der Inhalt für sie relevant ist, wird der Ursprungs-Posts nicht unbedingt einer größeren Anzahl von Fans angezeigt.
Außerdem hat Facebook mit den aktuellen Änderungen des Newsfeeds einen Teil der User-Interaktion an den Rand gedrängt. Wenn den Facebook-Freunden einzelne Posts oder Fan-Pages gefallen, sieht das der User nur noch klein in der rechten Spalte. Für Lünenbürger-Reidenbach ein weiteres Zeichen dafür, dass Facebook die Unternehmen mit Fanpage aktuell auf eines vorbereitet: "Wer nicht zahlt, ist nicht sichtbar."