Gutachten:
EU-Generalanwalt: Google muss nichts vergessen
Juristische Rückendeckung für Google: Der Suchmaschinenbetreiber kann nicht dazu gezwungen werden, Inhalte "verjähren" zu lassen und nicht mehr anzuzeigen. Davon ist jedenfalls der einflussreiche Generalanwalt beim EuGH überzeugt.
Google muss nichts vergessen. Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) vertritt die entsprechende Meinung. Er begründete seine Position mit der Meinungsfreiheit. "Würde von den Suchmaschinen-Diensteanbietern verlangt, in die öffentliche Sphäre gelangte legitime und rechtmäßige Informationen zu unterdrücken, käme es zu einem Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung", heißt es in dem Gutachten von Generalanwalt Niilo Jääskinen. Die derzeitige EU-Datenschutzrichtlinie beinhalte kein allgemeines 'Recht auf Vergessenwerden'. (AZ: C-131/12)
Das Gutachten des Generalanwaltes ist meistens richtungsweisend für den EuGH, der in einigen Monaten das Urteil sprechen will. Geklagt hatte ein Spanier, dessen Haus vor fast 15 Jahren zwangsversteigert wurde. Seine Pfändung wurde 1998 in einer Zeitung und im Internet veröffentlicht. Bei Google solle dieser Hinweis nicht mehr erscheinen, verlangt der Betroffene.
Während der Generalanwalt die Meinung vertritt, Google könne künftig nicht dazu verpflichtet werden, sensible persönliche Daten aus seinem Suchindex zu streichen, widersprach er in einem anderen Punkt Googles Ansicht: Die Suchmaschine war davon ausgegangen, die Daten unterlägen überhaupt nicht dem Recht der EU, weil sie außerhalb der Europäischen Union verarbeitet würden. Nationale spanische Datenschutzbestimmungen seien durchaus anwendbar, sagt hingegen Generalanwalt Niilo Jääskinen, weil Google eine Niederlassung in Spanien habe und sich auch mit seiner Werbung an Spanier richte.
Der Generalanwalt unterstrich, nationales Recht könne zu Einschränkungen des Zugangs von Webseiten mit illegalem Inhalt führen. Falls jedoch von Suchmaschinen verlangt werde, "legitime und rechtmäßige Informationen" zu unterdrücken, so sei das ein Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung.
Google hatte argumentiert, man sei laut EU-Datenschutzrichtlinie nicht verantwortlich dafür, dass personenbezogene Daten auf den jeweiligen Webseiten richtliniengemäß werden. Google könne nicht einmal zwischen personenbezogenen und anderen Daten unterscheiden. Deswegen könne auch eine nationale Datenschutzbehörde die Suchmaschine nicht verpflichten, bestimmte Informationen aus ihrem Index zu entfernen. Die EU-Richtlinie enthalte kein "Recht auf Vergessenwerden". Zwar wird über Entsprechendes derzeit diskutiert, noch ist es aber nicht geltendes Recht.
Recht auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung beziehe sich auf Daten, die unvollständig oder unrichtig seien, erklärte Google. Dies aber scheine im konkreten Fall nicht das Problem zu sein. Eine "subjektive Präferenz" stelle jedoch "keinen überwiegenden, schutzwürdigen Grund" dar - daher sei keine Person berechtigt, die Verbreitung von Daten zu verhindern, die sie für "abträglich" halte. dpa/aj