Oliver Timper:
Das ist der Mann hinter dem Viralhit #wiesnwache
Oliver Timper leitet das fünfköpfige Social Media-Team der Münchner Polizei, das mit seiner sympathischen #wiesnwache im Social Web für Furore sorgte. Im "Verhör" mit W&V-Online erzählt er, warum die Münchner Polizei mittlerweile die Kollegen schult und wie man als Behörde den richtigen Ton im Social Web findet.
Zwölf Stunden lang ließ die Münchner Polizei das Social Web an ihrem Alltag auf dem Oktoberfest teilhaben, zwölf Stunden lang berichteten sie von ihren kuriosesten Fällen und Auffälligkeiten auf dem größten Bierfest der Welt. Das könnte dröge sein, wurde aber zu einem echten Social Media-Erfolg, das die Twitterer mit Lob überschütteten. Oliver Timper leitet das fünfköpfige Social Media-Team der Münchner Polizei. Im September 2014 war der Account gestartet und ist mittlerweile Vorbild für die Polizei aller bayerischen Polizei-Verbände, die die Münchner schulen und beraten. W&V hat mit Timper gesprochen.
W&V: Das Netz feiert die Wiesnwache. Was gab den Anlass zu dem Live-Event?
Timper: Schon im Juli hatten wir zwölf Stunden lang aus der Einsatzzentrale getwittert. Das wollten wir für das Oktoberfest wiederholen. Das Pressezentrum der Polizei liegt direkt innerhalb der Wiesnwache. Die eingesetzten Polizei-Gruppen kommen direkt an unserer Tür vorbei. Auf der Wiesn mittendrin zu sein macht Spaß - das wollten wir zeigen. Aber natürlich waren wir uns im Vorfeld nicht sicher, wie das ankommt. Zum Glück hat das Netz sehr schnell sehr positiv reagiert. Teilweise wurden unsere sogar Tweets international übersetzt und dann im Ausland weiter verbreitet. Auch die Kollegen haben uns deutschlandweit gratuliert.
Welche Kommunikationsziele hatten Sie?
Sinn und Zweck der Aktion war zu zeigen, dass es auf der diesjährigen Wiesn ganz normal zugeht - trotz aller Angst vor dem Zaun und Terrorangst. Wir wollten einfach aus unserem Arbeitsalltag berichten und zeigen: Es geht genauso zu wie in den letzten Jahren. Uns ist das Wichtigste aber die Interaktion. Wir freuen uns über jeden, der sich mit uns in Verbindung setzt. Und ich ganz persönlich freue mich über diese Art Tweets am allermeisten: "Also mit der Polizei habe ich normalerweise ja nix am Hut, aber was ihr gerade macht, das ist klasse!"
Mal ehrlich: Der Mann, der Poledance am Wiesn-Zaun macht und der Engländer, der einen Dildo vermisst und reklamiert - ist das wirklich innerhalb dieses einen Freitags auf der Wache passiert?
Das werden wir tatsächlich oft gefragt: Nein, jeder Tweet beruht auf einem echten Ereignis. Wir bringen nur verifizierte Meldungen. Aber uns war natürlich klar, wenn wir nur über Ausnüchterungen berichten, schalten alle irgendwann ab. Deshalb haben wir uns natürlich auch auf die anderen Fälle konzentriert. Natürlich gibt es ein paar Dinge, die verspätet ins Netz eingehen, weil vielleicht noch ein Fall bearbeitet werden muss. Wir wollen ja auch niemanden bloßstellen und müssen die Persönlichkeitsrechte wahren.
Betrunkener fühlt sich wahnsinnig erotisch und versucht sich in Shorts an Gitterstäben als Pole Dance Gott! Sehenswert - NICHT! #wiesnwache
— Polizei München (@PolizeiMuenchen) 23. September 2016
"Hopfenopfer", "Aus'zapft", "Fachkraft für spontane Eigentumsübertragung" - das sind nur einige Beispiele für einige ihrer lustigen Wortschöpfungen. Wurden Sie geschult, was den richtigen Ton im Social Media betrifft?
Nein, wurden wir nicht. Aber wir sind alle aus der Öffentlichkeitsarbeit, wir wissen, welche Tonalität gut ankommt und was gewünscht wird. Außerdem kann man natürlich im Social Web einiges Neues ausprobieren, um das Image zu fördern. Und man kann - wenn es schiefläuft - das dort auch schneller wieder einfangen. Meistens ist es das ganz normale "Learning by doing", wie in der normalen Pressearbeit auch.
Noch ist der Umgang mit Social Media aber noch Neuland für die Polizei oder?
Wir waren die Ersten, die mit einem Social Media-Kanal gestartet sind. Bis zum 1. Januar 2017 sollen alle Verbände in Bayern einen eigenen Auftritt haben. Da werden wir öfters gebeten, um unser Wissen und unsere Erfahrungen weiterzugeben.
Wird die #wiesnwache während dieses Oktoberfestes noch einmal zu einem Sondereinsatz Social Media ausrücken?
Das war leider nur eine einmalige Aktion, die ja doch sehr arbeitsintensiv ist. Schließlich sind dafür fünf Personen zwölf Stunden im Einsatz. Aber wir planen natürlich weitere Aktionen, bei denen wir live aus dem Arbeitsalltag der Polizei berichten und erzählen, was einen Polizisten in seinem Arbeitsalltag erwartet. Wir haben uns das Ziel gesetzt, viertel- oder halbjährlich so etwas aufzusetzen.