Gastbeitrag von Heiko Burrack:
Stundensätze: Sollten Werber lieber Autos reparieren?
Agenturberater Heiko Burrack wundert sich darüber, warum es Werbehäuser nicht schaffen, ihre Leistungen besser zu verkaufen. Sein Verdacht: Sie beschäftigen sich zu viel mit sich selbst - und vernachlässigen am Ende trotzdem ihre eigene Marke.
Betrachtet man sich die Stundensätze, die Agenturen heute durchschnittlich von ihren Kunden verlangen und erwarten können, so kommt man auf runde 100 Euro. Ich rede hier ausdrücklich von einem Durchschnittswert, der natürlich zum Beispiel bei Agenturen mit einem Kreativbonus durchaus stärker nach oben abweicht. Entsprechend wird ein kleinerer Dienstleister "vom Lande" deutlich weniger in Rechnung stellen können.
Eher handwerklich ausgerichtete Unternehmen machen in der Regel keinen Hehl aus ihren Stundensätzen. Dazu gehören unter anderem Autowerkstätten. Fragt man hier nach, was denn eine Stunde Autoreparatur durchschnittlich kostet, bekommt von verblüffende Antworten. So bietet der örtliche Mini-Händler in Freiburg seine Reparaturleistungen für 139 Euro die Stunde an. Die gleiche Marke differenziert ihre Preise in Leipzig, so dass man dort etwa für mechanische Arbeiten 162 Euro und für solche, die die Elektronik betreffen, 187 Euro zahlen muss. In Hamburg ist man mit 161 Euro (Mechanik) und 192 Euro (Elektronik) dabei.
Für BMW sind es am gleichen Standort 167 Euro (Mechanik) und 204 Euro (Elektronik). Muss ein Porsche repariert werden, so löhnt man in Berlin durchschnittlich 160 Euro, wobei mechanische Arbeiten mit 161 Euro und elektronische mit 166 Euro in Rechnung gestellt werden. Ähnliche Kosten entstehen für Arbeiten am Auto mit dem Stern. Gibt's bei einem Volkswagen etwas zu reparieren, so ist man mit durchschnittlich 141 Euro dabei.
Ich könnte hier noch einige Preise mehr liefern und man kommt immer zu dem gleichen Ergebnis: Für Autoreparaturen kann man mehr Geld verlangen als für eine Agenturleistung. Für des Deutschen Liebling findet man zwar auch freie Werkstätten, die deutlich günstiger arbeiten. Was aber nur zeigt: Marken sind ihren (Mehr)-Preis wert.
Dies ändert aber nichts an der generellen Feststellung:
Sein Auto reparieren zu lassen, ist teurer als die Arbeit einer Agentur.
Woran liegt das? - Jetzt bitte nicht die üblichen Antworten wie ...
- Es gibt zu viele Agenturen (auch der Automarkt hat massive Überkapazitäten)
- Die Kosten einer Werkstatt sind höher (mag mitunter stimmen, doch die Software-Investitionen von Agenturen sind zum Beispiel massiv gestiegen. Auch sollten die Berater und diversen Directors in den Agenturen eigentlich mehr Wert sein als so mancher Mechatroniker)
Nein, dies soll keine Neiddebatte sein. Ich finde es nur mehr als erstaunlich, dass die Wertigkeit einer Agenturleistung nicht angemessen zum Tragen kommt.
Haben es die Automarken am Ende des Tages einfach besser geschafft, eine Marke aufzubauen und diese zu monetarisieren, als es die Fachleute in den Agenturen für das eigene Haus zu tun vermochten? Liegt dies vielleicht daran, dass die Autoschrauber lieber an fremden Autos schrauben als sich mit Awards und sonstigen Veranstaltungen selbst zu feiern? Oder auch daran, dass Werkstätten wirklich nur Autos reparieren, statt immer noch einen weiteren Instrumenten-Bauchladen vor sich herzutragen?
Darüber könnte man tatsächlich mal nachdenken.
Über den Autor:
Heiko Burrack (geb. 1967) schloss 1995 sein BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Marketing an der Uni Göttingen ab. Danach arbeitete der Diplomkaufmann in der Kundenberatung unterschiedlicher Agenturen (Dorfer Dialog, McCann Erickson). Im Jahr 2003 gründete er die Agenturberatung Burrack NB-Advice. Burrack ist auch Autor diverser Fachbücher zu Agenturthemen.