Bürgerinitiative:
Protest gegen Hamburger WPP-Quartier: Offener Brief an Sorrell
Künstler und Kreative aus Ottensen wenden sich in einem offenen Brief an die WPP-Manager Martin Sorrell und Richard Franz Karpik. Sie fordern den Verzicht auf den Neubau an der Friedensallee. Und kündigen weiteren Widerstand an.
Der geplante Neubau für die Agenturgruppe WPP an der Friedensallee in Hamburg bringt die Anwohner im Stadtteil Ottensen weiter auf die Barrikaden. Ab Anfang 2017 soll das sechsstöckige Gebäude zwölf Hamburger WPP-Agenturen beherbergen, darunter auch Scholz & Friends. Die Investoren Quantum Immobilien und Procom Invest haben Anfang September konkrete Pläne vorgestellt.
Gegen den Bürokomplex "Zeisehallenstudios" für die Kreativen setzen die Anwohner kreativen Widerstand: Die Online-Petition "Wohnungen statt Werber", die sich an örtliche Politiker wendet, hat mehr als 2.200 Unterstützer gefunden, die Bürgerinitiative Pro-Wohnen-Ottensen taufte in einer Protestaktion das Straßenschild "Friedensallee" in "Scholz & Friends-Allee" um, nun folgt ein weiterer Aufruf zu einer Demonstration gegen die Investoren am 13. September. Außerdem wenden sich prominente Unterstützer wie Regisseur Fatih Akin und Schauspielerin Nina Petri in einem offenen Brief an WPP-Chef Martin Sorrell und an Richard Franz Karpik, Geschäftsführer der WPP Deutschland Holding.
Darin fordern sie die WPP-Chefs auf, von den Bau- beziehungsweise Mietplänen in Ottensen Abstand zu nehmen und sich stattdessen in der Hafencity niederzulassen. "Sie beschäftigen die kreativsten Köpfe der Stadt. Nutzen Sie diese Kreativität dazu, die Hafencity lebenswert zu machen. Bauen Sie dort etwas auf, worauf Sie und Ihre Mitarbeiter stolz sein können", heißt es in dem Schreiben. Die Autoren erinnern an den ursprünglichen Bebauungsplan, der einen Mix aus Wohnungen und Gewerbe vorsah und bei den Bewohnern auf Zustimmung stieß. "Deshalb richten Sie Ihre neue Idee und die Energie Ihrer Mitarbeiter heute nicht gegen die Bevölkerung des organisch gewachsenen Wohn-Stadtteiles Ottensen, der seine auch von Ihnen geschätzte Atmosphäre und Attraktivität den Läden, den kulturellen Angeboten, den kleinteiligen Gewerben und den Menschen verdankt, die diesen Ort seit vielen Jahren aufgebaut haben und prägen. Denn wir kämpfen hier Tag für Tag gegen Verdrängung und um den Erhalt dieser Errungenschaften."
Einen weiteren Bürokomplex für 850 Mitarbeiter verkrafte der Stadtteil nicht. Die Autoren kündigen an, sich gegen den "Ausverkauf Ottensens an einige wenige Profiteure" zu wehren. "Halten Sie uns bitte nicht für naiv und unterschätzen Sie uns nicht. Denn wir sind hier schon lange zu Hause. Dies ist unser Terrain, unser Stadtteil. Wir sind viele, wir sind hervorragend vernetzt, und wir haben einen langen Atem."
WPP wird sich diesen Schuh aber wohl nicht anziehen. In einer Stellungnahme hatte Richard Karpik, Geschäftsführer von WPP Deutschland in Frankfurt, bereits zuvor gegenüber "Horizont" erklärt, von der "jetzt einsetzenden politischen Diskussion" überrascht worden zu sein. Zusammen mit einem Maklerbüro habe man nach einem Standort für die WPP-Niederlassungen in Hamburg gesucht und aus rund 15 Angeboten Anfang 2014 das Objekt von Quantum und Procom ausgewählt: "Der Adressat der Proteste kann nur der Bauherr sein und nicht der Mieter WPP; wir haben zu keiner Zeit Einfluss auf irgendwelche politischen Kräfte genommen oder dies auch nur versucht."
Das Gebäude für WPP wird vom Hamburger Architekturbüro Störmer Murphy and Partners geplant. In dem mit Glas überdachten Foyer sollen zahlreiche "Kommunikationsbrücken" die Gebäudeteile miteinander verbinden. "Die Gebäudetypologie und das Konzept eines Campus stellt für WPP ein Pilotprojekt dar, welches das erste seiner Art in Europa sein wird und als Vorbild für die weitere europaweite Unternehmensentwicklung fungieren soll", heißt es in einer Pressemitteilung von Quantum. Der Neubau soll laut "Immobilien-Zeitung" 60 Millionen Euro kosten. Mit WPP haben die Investoren einen 15-jährigen Mietvertrag über 13.000 Quadratmeter vereinbart. Die Bürgerinitiative fordert vom zuständigen Bezirksamt Altona, diesen Bauantrag abzulehnen und stattdessen die Bebauung mit kleinen Läden und Sozialwohnungen zu fördern.