Streit um Effie-Jury:
"Nur noch Marken auszeichnen - keine Agenturen"
Für die meisten Agenturchefs ist die Effie-Affäre ein großes Trauerspiel. Doch was könnte man aus dieser Geschichte lernen? Roland Vanoni, der Kreativchef von Publicis Pixelpark, hat einen sehr interessanten Vorschlag.
Für die meisten Agenturchefs ist die Effie-Affäre ein einziges großes Trauerspiel. Heimat-Kreativchef Guido Heffels empfiehlt der Werbebranche in der aktuellen Situation die Lektüre von Max Frischs "Fragebogen" - und er verweist dabei auf die seiner Ansicht nach beste Frage, die da heißt: "Überzeugt dich deine Selbstkritik?"
Andere stellen den Sinn von Wettbewerben wie dem Effie komplett in Frage. "Vielleicht ist das ein guter Anlass, die Sinnhaftigkeit solcher Wettbewerbe mal grundsätzlich zu hinterfragen", regt etwa KNSK-Chef Detmar Karpinski an. "Über Werbe-Awards inklusive Effies entscheiden Gremiumsmitglieder, die gleichzeitig Preisrichter und Teilnehmer sind. Das unterscheidet sie von faireren Sportarten", kritisiert Hirschen-Chef Bernd Heusinger. "Mich wundert es, dass die Olympia-Bewerbung für Hamburg nicht ausgezeichnet wurde", treibt FJR-Geschäftsführer Thomas Junghanns die Effie-Kritik auf die Spitze.
Roland Vanoni, der Kreativchef von Publicis Pixelpark, versteht die Aufregung um den Astra-Case nicht, doch er hat eine interessante Idee, um derlei Streitereien künftig auszuschließen. "Ideen sind immer das Ergebnis von vielen Einfluss-Faktoren. In der Werbung gibt es keine Leonardo da Vincis und Picassos. Alles entsteht in Zusammenarbeit mit vielen unterschiedlichen Menschen. Vielleicht sollte man in Zukunft einfach nur Ideen und die dahinter steckenden Marken auszeichnen und keine Agenturen. Dann haben all die Egos in der Branche keinen Grund mehr, sich benachteiligt zu fühlen."
McCann-CEO Ruber Iglesias findet es ziemlich daneben, dass der zurückgetretene Effie-Jurychef Thomas Strerath mit dem Recht auf geistiges Eigentum argumentiert: "Wir können gerne eine Diskussion um geistiges Eigentum führen. Nur hat das leider nichts mit der Sache selbst zu tun. Der Effie-Jurychef hat die Konsequenzen seines Handelns gezogen und ist folgerichtig von all seinen Ämtern beim GWA zurückgetreten. Nun liegt es am GWA, den Vorgang schnell und vollständig aufzuklären, um den Schaden für die Branche zu begrenzen und die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen."
Auch Serviceplan-Chef Florian Haller betont, dass Jurypräsident Strerath seine Agentur Jung von Matt nicht hätte nachträglich auf die Shortlist setzen dürfen. "Ich finde seinen Rücktritt deshalb konsequent und richtig", so Haller. "Dass Frank-Michael Schmidt diesen Fall in die Öffentlichkeit bringt, kann ich verstehen. Der Effie lebt von seiner Glaubwürdigkeit und muss deshalb transparent sein. Einen solchen Fall im kleinen Kreis 'geheim' zu besprechen, ist unrealistisch und hilft nicht weiter."
Zur Angelegenheit geäußert hat sich mittlerweile auch Streraths Nachfolger als Effie-Vorstand beim GWA, Michael Trautmann von Thjnk. Er sei seinem Vorgänger für die geleistete Arbeit dankbar, sagt Trautmann, der künftig auch die Effie-Jury leiten wird: "Ich sehe das Dilemma, in dem er sich befand und unterstelle ihm beste Absichten. Dasselbe unterstelle ich auch Frank-Michael Schmidt." Er hätte sich aber gewünscht, dass der Scholz & Friends-Chef mit seinem Anliegen erst an den GWA-Ältestenrat herangetreten wäre und nicht an die Öffentlichkeit.