Interview:
Jenn Lim: "Glückliche Menschen machen bessere Kampagnen"
Wer glücklich und zufrieden ist, arbeitet auch besser. So hält "Happiness" langsam Einzug in Unternehmen und Agenturen. Jenn Lim war der erste "Chief Happiness Officer" der Welt.
Wer glücklich und zufrieden ist, arbeitet auch besser. So hält "Happiness" langsam Einzug in Unternehmen und Agenturen. Jenn Lim*, die als erster "Chief Happiness Officer" (CHO) bei der Amazon-Tochter Zappos von sich reden machte, spricht kommenden Donnerstag in Hamburg auf der Konferenz Year of the Monkey. W&V Online hat sie vorab über die Bedeutung von Happiness für Kommunikation, Werbung und Unternehmenskultur befragt.
Dank Internet und Social Media dreht sich die Welt heute deutlich schneller. Kommunikation ist also oftmals mit Stress verbunden – dem Gegenteil von Glück oder?
Das ist eine gute Frage. Nun, ob Kommunikation Stress oder Freude auslöst, ist immer einer Frage der Perspektive, sozusagen die eigene Wahl. Nachhaltiges Glück ist auch immer eine Form von Kontrolle, also ganz individuell für sich zu entscheiden, was und welche Art der Kommunikation einem wirklich wichtig ist. Daran kann man auch denken, wenn die eigene Mutter nächstes Mal anruft.
Ein Job in einer Werbeagentur galt lange als hipp und cool und machte Spaß – bis Big Data, komplexe Vorgaben und immer höhere Zielvorgaben auch hier Einzug gehalten haben. Erzeugt Glück eigentlich auch bessere Kampagnen?
Ja, wir bewegen uns im Zeitalter von Big Data, aber auch in früheren Jahren gab es schon Analysetools und -methoden, die einfach nur andere Namen hatten. Die Fragestellung ist jedoch immer: Dienen die Anwendungen der Agentur oder einem anderen Unternehmen, das von seiner Kreativität lebt? Und um Ihre Frage zu beantworten: Ja, ich bin davon überzeugt, dass glücklichere Menschen bessere Kampagnen kreieren, denn sie sind persönlich involviert und bis zu dreimal kreativer, wie diverse Studien aussagen, wenn sie unabhängig von der jeweiligen Situation agieren.
Werbeagenturen sind für gewöhnlich nicht die beliebtesten Firmen und die erste Wahl als Arbeitgeber für hochqualifizierte Arbeitskräfte: Können sich hier Agenturen mit einem Mehr an Glücksgefühl hervorheben?
Auch wenn Werbeagenturen im B-to-B-Bereich arbeiten, vertreten sie auch selbst eine Marke – ihre Marke. Und wenn man mit einer Agentur zusammenarbeitet, die ihre eigenen Werte vertritt, statt nur dem Geld hinterherzulaufen, wird man das umso lieber tun. Den Unterschied machen immer die einzelnen Menschen. Sind sie authentisch und treten für ihre eigenen Werte ein, spiegelt sich das immer in der Arbeit wider.
Hat das Auswirkung auf den Prozess der Personalbeschaffung? Wie kann jemand erkennen, ob es einen "Glücksfaktor" in einer Agentur gibt? Und ist dieser attraktiv, um talentierte Nachwuchskräfte zu gewinnen?
Das ist in vielerlei Hinsicht wichtig, etwa vor dem Hintergrund, wie man den Wert eines Mitarbeiters nach seinem ELTV (employee liftime value) definiert. Vor dem Hintergrund der Personalbeschaffung, Mitarbeiterbindung, seinem Engagement und seiner Produktivität.
Heutzutage können wir besser denn je die Korrelation zwischen einer glücklichen Unternehmenskultur und dem Return on Investment (ROI) erkennen. Und natürlich ist der Glücksfaktor auch anziehend für Young Professionals. Denn Glück ist eine Erwartung jedes Individuums.
Was würden Sie dem Leiter einer Agentur empfehlen, um die "Happiness" in den eigenen Reihen zu verbessern? Agenturen haben spezielle Voraussetzungen, weil sie Kunden und Endverbraucher gleichermaßen glücklich machen müssen.
Es geht immer um Menschen und Beziehungen. Auch wenn Agenturen beide Seiten glücklich machen möchten – jeder ist einzigartig und möchte so gesehen werden. Unsere Community "Delivering Happiness" beruht ja auf diesem Gedanken der anpassungsfähigen Wirtschaft, und ich bin selbst sehr gespannt, wie sich der Weg weiterentwickeln wird.
Wie kann man denn "Happiness" bei kreativen Menschen messen?
Auf dieselbe Weise wie bei allen anderen auch. Der Punkt ist, wenn wir als Individuen wir selbst sein können und uns jeden Tag in unserem Leben und unserer Arbeit authentisch ausdrücken können, ist das der Sollwert, eine Momentaufnahme, die man zugrunde legen und von da an auf unser Seite auf lange Sicht wunderbar überprüfen kann.
Interview: Anja Janotta, Leif Pellikan
* Jenn Lim war die Erste, die weltweit den Titel "Chief Happiness Officer" trug, damals bei der Firma Zappos, die inzwischen zu Amazon gehört. Dort entwickelte sie das "Culture Book", das Happiness als Geschäftsmodell etablierte, mit dem Firmen ihre Produktivität und Profitabilität verbessern können. Gemeinsam mit Tony Hsieh, der nach wie vor CEO bei Zappos ist, gründete Lim das Unternehmen Delivering Happiness mit dem Ziel, Glück, Leidenschaft und Sinn in unser Arbeits- und Alltagsleben zu bringen.
Lust auf mehr spannende Frauen? Dann kommen Sie zum W&V Women Business Summit 2016 am 10./11. November 2016 im Gebäude des Süddeutschen Verlags in München. Erfahren Sie, wie Sie mit ihren individuellen Stärken und dem integrativen weiblichen Führungsstil neue Akzente setzen können. Mehr zum Programm und den Speakerinnen erfahren Sie hier ...